Unser diesjähriger Osterurlaub führte Alex und mich in die Toskana. Bereits auf dem Hinflug zeigte sich, dass wir wettertechnisch alles richtig gemacht hatten. Während der April in Deutschland im negativen Sinne machte was er will (besser: wollte), erwartete uns am Karfreitag in Pisa strahlender Sonnenschein. Nachdem ich mich etwas darüber ärgerte, dass ich meine lange Hose fürs Sightseeing anbehalten hatte, erkundeten wir die kleine Stadt. Pisa hat auch neben dem Schiefen Turm, der wirklich schiefer ist als man denkt, einiges zu bieten. Da wir nach einem ausgiebigen Rundgang am Freitagnachmittag trotzdem das Meiste gesehen hatten, brachen wir am nächsten Morgen Richtung Florenz auf. Hier nahmen wir unsere Wohnungsschlüssel für die kommenden zwei Nächte in Empfang und machten uns anschließend auf den Weg zum Stadion der Fiorentina. Die in den frühen 30er Jahren erbaute Heimstätte des zweimaligen italienischen Meisters liegt fußläufig im Nordosten der Großstadt. In seiner über 80-jährigen Geschichte erlebte das Stadio Artemio Franchi zwei Weltmeisterschaften (1934 und 1990) und war am heutigen Samstagnachmittag Austragungsort des Derby Arno zwischen dem AC Florenz und dem FC Empoli.

Ich konnte die Bedeutung der Partie nur schlecht einschätzen und so fielen zuerst die recht laschen Sicherheitsvorkehrungen auf. Ohne nennenswerte Vorfälle fanden wir uns in der altehrwürdigen und vor allem weitläufigen Spielstätte wieder. Trotzdem die Laufbahn vor der WM 1990 zusätzlichen Sitzplätzen wich, ist man vor allem in den Kurven ungewohnt weit vom Spielgeschehen entfernt. In einer dieser Kurven, genauer der neben dem Gästeblock, saßen wir und wurden zumindest mit einem wunderbaren Blick auf die sich hinter der Heimkurve erstreckenden Berge entschädigt. Die Fans des FC Empoli rechts neben uns füllten ihren Block nur zur Hälfte aus und probierten sich bereits während des Aufwärmens an etwas Stimmung. Abzüglich der Pufferbereiche füllte sich der Rest des 47.000 Zuschauer fassenden Stadions nur zu zwei Dritteln. Die Besucherzahlen in Italien lassen leider generell zu wünschen übrig und wurden heute mit Sicherheit auch aufgrund der enttäuschenden Tabellensituation der Heimelf (Platz 8) negativ beeinflusst.

In meinem ersten Serie A-Spiel gab es auf den Rängen trotzdem einiges zu beobachten. Da das Spiel keine Werbung für den italienischen Fußball machte, unterhielt ein kleines Mädchen im violetten Dress den Block. Schon bevor Empoli nach einem Eckball zum 0:1 traf (37.) bedachte sie die Gästefans mit Gesängen und zwei ausgestreckten Mittelfingern. Andere Zuschauer um uns herum begnügten sich mit Wortgefechten und kleineren Scharmützeln mit den Blau-Weißen im Gästekäfig, die nun über beide Ohren strahlten. Florenz‘ von Barcelona ausgeliehener Stürmer Tello glich nach 64 Minuten aus und ließ die zuvor ziemlich maue Unterstützung der Fiorentina-Anhänger aufleben. Da ein weiterer Treffer der Hausherren aufgrund einer Abseitsposition aberkannt wurde, schlug das Ruder nicht vollends um. Stattdessen wandten sich die ersten Fans von ihrer Mannschaft ab, die sich hier gegen einen Abstiegskandidaten die Blöße gab. Während sich der alte Mann hinter uns nur an die Mutter Jesu („Madonna, Madonna“) wandte, ließ der emotionale Familienvater vor uns in der 80. Minute Frau und Kind sitzen und zog wutentbrannt ab. Den spielentscheidenden Elfmeter für Empoli in der Nachspielzeit beobachtete er jedoch trotzdem von anderer Stelle. Unter großem Jubel und mit Spott für die Fiorentina feierten die Gäste den Derbysieg, der zugleich einen Befreiungsschlag im Tabellenkeller bedeutete. Wir stürzten uns indes ins schöne Stadtzentrum und verlebten im weiteren Verlauf des Urlaubs kulturell wertvolle und sonnenreiche Tage.

Fotos Sightseeing