Der von Torsten Wieland betreute und von mir
sehr geschätzte
Koenigsblog hat es erkannt, es ist die Zeit der
Bilanzen. Nach durchschnittlichen Spielzeiten, die der S04 für
gewöhnlich auf den Europapokalplätzen beendet, haben diese Rückblicke
wenig Gewicht und Aussagekraft. Da Schalke jedoch gerne polarisiert und
die Emotionen rund ums Berger Feld seines gleichen suchen, ist
Königsblau meist schwarz oder weiß. Nach einer Saison 2016/17, die mehr
Tiefen als Höhen hatte, ist sie für viele Schalker – mich eingeschlossen
– schwarz. Die Knappen starteten denkbar schlecht mit fünf Niederlagen
um sich begleitet von großen Erwartungen erst aufzurappeln um am
erhofften Wendepunkt erneut zu scheitern. Letztendlich bleibt von der
ersten Spielzeit unter Trainer Weinzierl ein leistungsgerechter 10.
Platz in der Bundesliga, ein unglückliches Aus im DFB-Pokal, wo man
schon etwas zu früh auf den FC Bayern traf sowie das schmerzvolle, da so
unfassbar sinnlose Aus im Europapokal. Der FC Schalke 04 schaffte es in
der abgelaufen Spielzeit auf unnachahmliche Art und Weise seine Anhänger
in den Wahnsinn zu treiben.
Diesem Wahnsinn war auch ich erlegen.
Nach dem katastrophalen Start verfluchte ich den Club, den ich so liebe.
Meine Wut traf hierbei vor allem unsere „Macher“ aus Mainz und
Straubing, denen ich bis heute kritisch gegenüber stehe. Doch jede
Kritik sollte auf einer Grundlage basieren. Ich bediene mich hier oft
der Zahlenwelt und habe die „schlechteste Saison der Schalker Neuzeit“
etwas anders bewertet als es Wieland in seinem Blog tut. Als Verfechter
der Pokalwettbewerbe habe ich neben den Auftritten in der Bundesliga
auch den nationalen und internationalen Pokalwettbewerb in meine Analyse
mit einbezogen. Herausgekommen ist hierbei eine Tabelle, die die
jeweiligen Spielzeiten gewichtet betrachtet und die Schalker Gefühlswelt
bestätigt. Schalke spielt unter Weinzierl in einer Liga mit
Schreckgespenstern wie Rutten und Di Matteo.
Aktualisierung: Im Sommer 2018 wurde das
Ergebnis der abgelaufenen Vizemeister-Saison 2017/18 unter Chefcoach
Domenico Tedesco eingepflegt.
Die
Tabelle
Platz |
Saison |
Trainer |
Liga |
Europa |
Pokal |
Gesamt |
1. |
2004/05 |
Heynckes/Rangnick |
47 |
5 |
13 |
65 |
2. |
2011/12 |
Rangnick/Stevens |
43 |
14 |
5 |
62 |
3. |
2000/01 |
Stevens* |
47 |
0 |
15 |
62 |
4. |
2007/08 |
Slomka/Büskens |
43 |
12 |
5 |
60 |
5. |
2005/06 |
Rangnick/Slomka |
40 |
17 |
2 |
59 |
6. |
2009/10 |
Magath* |
47 |
0 |
10 |
57 |
|
2017/18 |
Tedesco* |
47 |
0 |
10 |
57 |
8. |
2013/14 |
Keller |
43 |
6 |
5 |
54 |
|
2012/13 |
Stevens/Keller |
40 |
9 |
5 |
54 |
10. |
2001/02 |
Stevens |
37 |
0 |
15 |
52 |
11. |
2006/07 |
Slomka |
47 |
0 |
2 |
49 |
12. |
2015/16 |
Breitenreiter |
37 |
7 |
2 |
46 |
13. |
2010/11 |
Magath/Rangnick |
7 |
23 |
15 |
45 |
14. |
2002/03 |
Neubarth/Wilmots |
30 |
8 |
5 |
43 |
15. |
2016/17 |
Weinzierl |
20 |
14 |
8 |
42 |
16. |
2014/15 |
Keller/Di Matteo |
33 |
6 |
0 |
39 |
17. |
2003/04 |
Heynckes |
30 |
4 |
2 |
36 |
18. |
2008/09 |
Rutten/Büskens |
27 |
0 |
7 |
34 |
* Für die Spielzeiten 00/01, 09/10 und
17/18 verpasste der S04 den internationalen Wettbewerb, sodass dort
keine Punkte gesammelt werden konnten. Für die gescheiterte
Europapokal-Qualifikation ist natürlich der Vorjahres-Trainer
verantwortlich. Hier kann man als Hilfsgröße 4 Punkte (Hälfte der
Durchschnittspunkte der Europapokal-Spielzeiten) zum Endergebnis
addieren und erhält eine faire und vergleichbare Gesamtsumme, unter der
Annahme, dass eine Teilnahme am Europapokal aufgrund der
Mehrfachbelastung negativen EInfluss auf Liga und Pokal haben kann.
Die Berechnung
100 Punkte (100 Prozent)
gibt es für die äußerst optimistische Vorstellung einer Triple-Saison
aus Meisterschaft, Champions League-Sieg und DFB-Pokal-Sieg. Die
Wettbewerbe sind unterschiedlich gewichtet und mit folgender
Punkteverteilung bedacht:
Bundesliga (50%):
Punkte gibt es für die Plätze 1 bis 15, da ein Abstieg als
Worst-Case-Szenario angesehen wird. In 2,5-Punkte-Schritten gibt es auf
Platz 15 drei Punkte und für die Meisterschaft 50 Punkte.
Europapokal (35%): In der Europa League gibt es für
jede erreichte K.O.-Runde 3,5 Punkte. Erreicht man die K.O.-Phase als
Gruppensieger gibt es 3,5 Punkte extra. Der Pokalsieg bringt ebenso 3,5
Punkte zusätzlich. In der Chapions League erhöht sich die Punktzahl auf
vier Punkte pro K.O.-Runde (ebenfalls plus vier Punkte für den
Gruppensieg/den Titel). Als weitere Abgrenzug zur Europa League gibt es
für das erreichen des Achtelfinals (+1), Viertelfinals (+2), Halbfinals
(+3) und Finals (+4) weitere Extra-Punkte.
DFB-Pokal
(15%): Ab der zweiten Runde gibt es im nationalen
Pokalwettbewerb 2,5 Punkte pro Runde bis zum Pokal-Sieg, der 15 Punkte
bringt. Wie auch im internationalen Pokal wird bei einem Ausscheiden
gegen einen nominell stärkeren Gegner aufgerundet.
Die Tops und Flops
TOP |
FLOP |
|
|
2004/05 - Heynckes und Rangnick |
2014/15 - Keller und Di Matteo |
|
|
Denkt man an die vier Schalker Vizemeisterschaften seit der
Jahrtausendwende war der zweite Platz 2005 der unspektakulärste.
Rückblickend war die Schale damals jedoch zum Greifen nah. Am
25. Spieltag übernahmen der S04 und Rolf Rangnick nach dem
1:0-Sieg im direkten Duell gegen die Bayern (Tor: Lincoln per
Freistoß) sogar die Tabellenführung. Es folgten vier Niederlagen
in den nächsten fünf Spielen. München rot behielt die Nase
schlussendlich mit 14 Punkten Vorsprung klar vorn. Im Pokal
erreichte man das Finale und scheiterte abermals am FCB. |
Die Betrachtung der drittschlechtesten
Spielzeit dieser Analyse macht mich etwas ratlos. Schalke
startete mit Jens Keller, der nie großen Kredit hatte und
dennoch solide Ergebnisse erzielte, in die Saison. Im September
2014 war der Vereinsführung das Tabellenmittelfeld und das
Erstrunden-Aus im Pokal zu wenig. Auf Keller folgte Di Matteo
und Schalke schloss die Saison als Sechster ab. Zudem fällt das
unbeschreibliche CL-Viertelfinale gegen Real Madrid (0:2, 4:3)
in die Ära Di Matteo. War Di Matteo vielleicht doch nicht DAS
Missverständnis wie kolportiert? |
|
|
2011/12 - Rangnick und Stevens |
2003/04 - Heynckes |
|
|
Auf dem 2011er Mannschaftsfoto posieren die Knappen mit Supercup und DFB-Pokal. In der Folgesaison kam kein
Titel dazu und trotzdem landet die Spielzeit in den Top 3. Die
beiden besten Trainer der jüngeren Schalke-Geschichte erreichten
mit Raul, Huntelaar und Farfan den dritten Tabellenplatz und das
Viertelfinale in der Europa League. Nach der Saison verließ mit
Raul, der in 66 BL-Spielen 28 Tore erzielte, ein ganz Großer den
Verein. Mit dem Abgang von Huntelaar verliert Königsblau fünf
Jahre später den letzten großen Spieler aus der Schalker
CL-Zeiten. |
2013 gewann Jupp Heynckes mit den Bayern
das Triple und machte sich als Trainer unsterblich. Auf Schalke
rieb man sich nach den Lobeshymnen auf den Mönchengladbacher
Erfolgscoach verwundert die Augen und dachte an enttäuschende
Zeiten unter dem vermeintlichen Startrainer zurück. In den
Pokalwettbewerben strich man jeweils in der zweiten Runde die
Segel und konnte die geringere Belastung in der Liga nicht in
Erfolge ummünzen. Stattdessen landete man im
Ruhrgebietsvergleich hinter dem VfL Bochum und dem BVB auf Platz
sieben. |
|
|
2000/01 - Stevens |
2008/2009 - Rutten und Büskens |
|
|
Was soll man zur letzten Spielzeit im Parkstadion, die traurige Berühmtheit erlangte,
noch sagen. Keine Saison verlief
dramatischer und hat sich so ins gesamtdeutsche
Fußballgedächtnis gebrannt. Damals flogem dem S04 zwischen Rhein
und Oder riesige Sympathien zu und aus den Knappen wurden die
"Meister der Herzen". Als Vizemeister etablierte sich der FC
Schalke endgültig in der Beletage der Bundesliga und forcierte
die Ansprüche für die kommenden Jahre deutlich. Immerhin reichte
es zum "Trostpflaster" Pokalsieg gegen den 1. FC Union. |
Bleibt noch Fred Rutten. Hilfe. Der
Niederländer, der Mirko Slomka beerbte und einen gewissen
Orlando Engelaar mit nach Gelsenkirchen brachte, startete klasse
in die Saison. Am dritten und fünften Spieltag grüßte man die
Liga von der Tabellenspitze. Danach ging es stetig bergab,
sodass die Knappen als Tabellenachter die
Europapokal-Qualifikation verpassten. Die Ergebnisse sind das
Eine, das fußballerische das Andere. Ruttens Konzept war nie
ersichtlich und der S04 spielte eine grausame Serie. Man kann
durchaus Parallelen zur heutige Zeit ziehen. |
|