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CORONA, FUSSBALL UND ICH

Es ist Mitte April, die Sonne scheint und die Corona-Krise hat Deutschland fest im Griff. Trotz der Ankündigung, die ersten Einschränkungen und Verbote langsam zu lockern ist an einen normalen Alltag kaum zu denken. Seit etwas mehr als einem Monat vergeht somit kaum ein Tag, an dem mich Familie, Freunde oder Kolleginnen nicht darauf ansprechen, wie ich die derzeitige Situation ohne den Besuch von Fußballspielen aushalte. Tatsächlich sorgt der Virus für meine längste fußballfreie Zeit seit mehr als zehn Jahren. Vermisse ich etwas? Sicher, ich würde die durch Covid 19 gewonnene Freizeit gerne mit ein paar nahen und fernen Hopping-Zielen verbinden. Natürlich fehlen mir der gemeinsame Torjubel in der Arena und die damit verbundenen nicht reproduzierbaren Glücksgefühle. Andererseits verpasst man derzeit weder auf noch neben dem Fußballfeld irgendetwas und so relativieren sich die Folgen der Abstinenz. Ich lese viel, erweitere meine Schalke-Sammlung um neue Wimpel, Stadionhefte und Eintrittskarten und treibe so viel Sport wie möglich. Es lässt sich aushalten, auch und vor allem weil mich und meine Liebsten keine Existenzängste quälen.

Der moderne Fußball erlebt seit den ersten virusbedingten Geisterspielen und Spielabsagen seine schlimmste Krise nach Jahrzehnten des unaufhaltbaren Wachstums. Es scheint als hätte Covid 19 die ausufernde Kommerzialisierung, die explodierenden Gehälter und die stetige Fokussierung auf Wachstum vorerst gestoppt. Vom Amateurbereich bis hoch ins Profitum bangen viele Vereine nun um ihre Existenz. In der Kreisklasse fehlen die Eintrittsgelder und die Einnahmen vom Bier- und Bratwurst-Stand, die Bundesligisten vermissen die fälligen Fernsehgelder und die Marketingerlöse. So traurig dieser Zustand für die kleinen Fische im Teich ist, so reinigend kann die Krise für die millionenschweren Clubs in der Belletage des Fußballs werden. Wie schön wäre es, wenn der ganze Zirkus wieder näher an den Fan rückt. Wie notwendig ist es, dass diejenigen, die die Vereine und Unternehmen am Leben halten – die Anhänger – wieder schwindelfrei auf die Gehaltsabrechnung eines mittelmäßigen Außenverteidigers gucken können. Wie wichtig ist es, dass Solidarität das Haifischbecken Bundesliga austrocknen lässt und die Verantwortlichen hoffentlich die richtigen Lehren aus der jetzigen Situation ziehen. Ob ich daran glaube, dass sich diesbezüglich etwas ändert? Nein. In den letzten Jahren der unaufhaltsamen Kommerzialisierung war nichts wertloser als die Worthülsen der Mäzene und Manager und nichts verlässlicher als die Entfremdung vom Volkssport mit seinen unzähligen Aktiven, Ehrenamtlichen und Fans an der Basis.

In meiner kleinen Filterblase und vielleicht auch außerhalb dieser, könnte man denken, meinen Herzensklub, den FC Schalke 04, hat der Virus am härtesten erwischt. Laut den Offiziellen ist die Situation rund ums Berger Feld nicht angespannt oder prekär sondern existenzbedrohend. Obwohl man seit der Jahrtausendwende Stammgast im internationalen Geschäft ist, soeben das modernste Stadion Europas abbezahlt hat und eine der berühmtesten Talentschmieden des Kontinents besitzt, macht man keinen Hehl aus der eigenen katastrophalen Lage. Die Probleme sind hausgemacht. In den letzten Jahren kaufte man Legionäre aus aller Herren Länder für absurde Summen, die in keinem Verhältnis zur Mentalität und Leistung der Kicker stehen oder standen. Der eigene Nachwuchs wurde indes zu früh ziehen gelassen, regelrecht verramscht oder schlichtweg nicht an den Verein gebunden. Keiner der Verantwortlichen, die mitunter bereits mehrere Jahre im Amt sind, räumen nun konsequenterweise die eklatanten Fehler der vergangenen Zeit ein. Stattdessen bettelt man beim Fan um Geld oder genauer, um den Verzicht auf Rückerstattungen. Also bei den treuen Seelen, die die Posse um Viagogo miterleben durften, horrende Phantasiegebühren für Tickets berappen und für einen wenig hochwertigen königsblauen Fetzen Stoff am Anfang jeder Saison gut 100 Euro löhnen dürfen. Währenddessen verzichten die oben erwähnten Spieler auf unrühmliche 15 Prozent des Gehalts. Angestellte der Geschäftsstelle werden auf Staatskosten in Kurzarbeit geschickt, während sich die Herren Profis über den Kauf der nächsten Luxuskarosse den Kopf zerbrechen. Diese letzten Zeilen sind weder sozialistisch, noch populistisch, sie zeigen stattdessen wie kaputt der FC Schalke 04 und große Teile des Profifußballs im Allgemeinen sind.

Ich schwelge also lieber in Erinnerung an bessere Zeiten. Zeiten, in denen Rudi Assauer mit seinen Schäfchen gar nicht oder erst am Ende einer Verhandlung ums liebe Geld sprach. Als die Eurofighter für Titel spielten und nicht für Prämien. In diesem Sinne werde ich an dieser Stelle, also in der Kategorie „Blog“, ab sofort immer Mitte des Monats meine Memorabilien-Schatulle öffnen und einen „Schatz des Monats“ vorstellen. Viel Spaß damit!

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