SPIEL #499
RB Salzburg vs. Villareal CF 1:3 (1:1) |
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26.02.2015 - Stadion Wals-Siezenheim, Wals-Siezenheim | ||
26.020 Zuschauer | ||
Europa League - Zwischenrunde 2014/2015 | ||
Tore: 1 : 0 Marco Djuricin (18.) 1 : 1 Luciano Vietto (33.) 1 : 2 Luciano Vietto (76.) 1 : 3 Giovani Dos Santos (79.) |
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Relativ kurzfristig flatterte auf der Arbeit die
Anfrage bezüglich eines Lehrgangs in München rein. Lange musste ich
nicht überlegen und sagte für vier Tage München, Montag bis Donnerstag,
zu und studierte natürlich sofort den Spielplan. Während der Dienstreise
bot sich leider nichts an, jedoch entdeckte ich am Donnerstagabend die
Europapokal Partie zwischen Salzburg und Villareal. Das passte mir gut,
sodass ich an die Zeit in der bayerischen Landeshauptstadt eine Nacht in
Salzburg hängte. So ging es am Donnerstag zur Mittagszeit per Bimmelbahn
in knapp zwei Stunden von München bis knapp hinter die Grenze ins
österreichische Salzburg. Da ich zwischen meiner Ankunft um 15 Uhr und
dem Anpfiff der Partie um 19 Uhr nur vier Stunden Zeit hatte, ging es
für mich auf eine Runde Speed-Sightseeing. Ich behaupte einfach mal,
dass ich, geübt wie ich bin, in den zwei Stunden die viertgrößte Stadt
Österreichs ganz gut erkundet habe. Ich besuchte bei wunderschönem
Wetter das Schloss Mirabell, den Dom, die Getreidegasse, die Residenz,
das Festspielhaus die Festung Hohensalzburg und den Mönchsberg.
Besonders intensiv konnte ich die Sehenswürdigkeiten natürlich nicht
betrachten, aber es reichte für einen ersten Eindruck und der fiel
durchaus positiv aus. Die kleine Stadt überzeugt wirklich mit ihrem
klassischen und natürlichen Charme, über dem mit Mozart einer der
größten Musiker seiner Zeit allgegenwärtig schwebt. Natürlich kommt aber
auch Salzburgs Altstadt nicht ohne sinnlose und nervige Touristenfallen
sowie Boutiquen internationaler Modelabels aus. Mit dem Eindruck, eine
wirklich hübsche Stadt gesehen zu haben, ging ich dann zurück ins Hotel
und machte mich anschließend auf dem Weg zum EM-Stadion Wals-Siezenheim
vor den Toren der Stadt. Ich entschied mich spontan um und machte mich
nicht per S-Bahn, sondern per Oberleitungsbus auf den Weg zur Arena. Das
hatte zwar den Vorteil einer kostenlosen Sightseeing-Tour, dauerte aber
dementsprechend deutlich länger. Hierbei hatte ich dann auch den ersten
Kontakt zu den Konsumenten und war sofort angeekelt. Mit schwindender Distanz zur Destination umgaben
mich dann auch immer mehr Brauseäffchen, die ernsthaft in großer Zahl
Fanartikel ihres Produkts präsentierten. Da das Stadion wie so viele
moderne „Tempel“ außerhalb der Stadt und in Nachbarschaft zu einer Mall
und der Autobahn liegt, ging es zu Fuß durch eine triste
Konsumlandschaft Richtung Konsumarena. Passt ja dann auch irgendwie.
Trauriger Weise bevölkerten tausende Verblendete das Stadionumfeld,
sodass ich etliche Minuten in einer Schlange auf den Einlass warten
musste. Ich war genervt, schockiert und angewidert und fragte mich
spätestens jetzt, ob es das Ganze Wert ist. Naja, ein Abstecher auf die
Toilette, in der ich leider nicht so ganz die Schüssel traf, besänftigte
dann mein Gemüt fürs erste. Zum Sechzehntelfinal-Rückspiel gegen den
Gast aus Spanien ließ sich die örtliche Marketingabteilung dann wirklich
etwas einfallen. Die „Nordkurve
Salzburg“ sollte eine Choreografie darbieten, untermalt von etlichen
roten Schwenkfähnchen, die auf jedem Platz im Rest des Stadions
bereitlagen. Warum auch immer zogen wirklich viele Konsumenten mit und
präsentierte zum Einlauf Stolz „ihre“ Farben. Kein Wunder, nachdem der
Stadionsprecher nicht müde wurde zu erwähnen, wie wichtig die
Unterstützung von den Rängen, vor dem Hintergrund der
1:2-Hinspiel-Niederlage, heute sei. Die Choreo der Brausejungs war dann
auch so hässlich wie erwartet. Den Mittelpunkt bildeten die Hände eine
Drag-Queen, die das Europa-League-Logo umkrallte. Was wollten die
Verstrahlten mir damit sagen? Bei etwas Singsang im Stadion wurde die
Partie dann angepfiffen und startete nicht unbedingt gut für mich. Ich
hatte ja mit dem Schlimmsten gerechnet, trotzdem ärgerte mich das 1:0
des Produktes nach 18 Minuten sehr. Meine Sitznachbarn waren nun
sichtlich gut gelaunt, da die Hausherren mit diesem Ergebnis weiter
wären und keine Anstalten machten, Villareal auch nur den Hauch einer
Chance zu genehmigen. Während ich mich irgendwie probierte von diesem
surrealen Tollhaus abzulenken, erzielten die Gäste wie aus dem Nicht
nach einem Freistoß den Ausgleichstreffer (33.). Nun war ich wieder voll
da und grinste bis zur Halbzeit vorfreudig. Lediglich das sparsam
umgedichtete Schalker „Du bist das was uns am Leben hält…“-Liedgut aus
der Brausekurve zu hören ließ erneut die Wut in mir aufkochen. In der Pause wurde ein Bull-Riding-Halbzeitspiel
vom Stadionvorplatz übertragen. Wie einfallsreich. Nach dem
Wiederanpfiff war dann auf einmal Villareal der Reiter und das Produkt
das Ross. Was mir durchaus gefiel, erschütterte die Idioten um mich
herum. Völlig desillusioniert nahmen sie das 1:2 und später das 1:3
gegen ihr Team zur Kenntnis. Ich ballte die Faust und lächelte selig und
die ach so emotionalen Fans um mich herum störte das scheinbar nicht
mal. Wahrscheinlich wagten sie es einfach nicht, im Bewusstsein ihrer
eigenen Sinnlosigkeit, einen Disput zu starten. Trotz des sportlichen
Erfolgs für Villareal war ich schockiert, wie viele Leute es heute ins
EM-Stadion zog. Gut 25.000 Gestörte besuchten die Partie, darunter viele
Frauen und Kinder. Wer seine Sprösslinge freiwillig zu einer
Marketingveranstaltung eines Produkts mitnimmt, das für den Nachwuchs
ungefähr so gesund ist wie ne Packung Kippen oder ne Pulle Konjak,
sollte sich doch mal ernsthafte Gedanken über seinen Erziehungsauftrag
machen. Am Ende waren die meisten Konsumenten dann trotz des
Ausscheidens zufrieden. Statt des Sieges konnten sie immerhin etliche
Schwenkfähnchen mit nach Hause schleppen. |
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