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Nach dem durchaus attraktiven Schützenfest
in Paide führte mich der zweite Teil meiner Tagestour weiter gen
Süden nach Viljandi. Ich versüßte mir die ereignislose Fahrt mit
einigen zeitlosen Klassikern aus dem Autoradio und erreichte mit
einem passablen Zeitpuffer die kleine Hansestadt am
gleichnamigen See. Hier gibt es neben einem internationalen Folk
Music-Festival und dem Theater Ugala nicht allzu viel zu sehen.
Mit knapp 18.000 Einwohner ist man jedoch immerhin die
sechstgrößte Stadt des Landes. Als diese beherbergt man
standesgemäß einen Erstligisten, der seine größte Zeit rund um
die Jahrtausendwende hatte. Hier spielte der JK Tulevik immerhin
drei Mal international und scheiterte jeweils bereits in der
ersten Qualifikationsrunde an St. Gallen, Brügge und dem mir
unbekannten serbischen Vertreter Napredak Krusevac. Estland ist
und bleibt eine kleine Fußballnation, für die es bereits ein
großer Erfolg wäre, wenn sich ein einheimisches Team irgendwie
in die Gruppenphase der Europa League mogeln würde. Mir würde
heute bereits ein ansehnliches und flottes Fußballspiel zwischen
den gelb-blauen Hausherren und dem Hauptstadtclub Tallinna Kalev
genügen.
Der Weg zum Stadion stellte sich dann als
ungewohnt bergig da. Aufgrund der Tallage samt langgezogenem See
liegt ein großer Teil der Stadt und auch der Ground deutlich
tiefer als die vermeintliche Innenstadt. Das städtische Stadion
in Viljandi sollte das Größte dieser Tour sein. Immerhin hatte
es eine ausladende massiv gebaute Tribüne, die anders als in
Narva und Paide nicht aus einer Stahlrohrkonstruktion bestand.
Auch hier wurde auf einen hohen Freizeitwert geachtet, sodass
abermals viele Kinder rund um die Tribüne umhertollten. Bei
kostenfreiem Eintritt, im Schatten der Bäume und mit Blick über
den See ließ es sich hier wirklich aushalten. Als wäre das nicht
genug, begleitete der örtliche Motorradclub die
Einlaufzeremonie. Während die 22 Mannen samt Einlaufkindern und
Schiedsrichtergespann den Platz aus einer Ecke des Stadions
betraten, machten sich auf der Laufbahn zwei Biker-Gruppen auf
den Weg Richtung Mittellinie. Den Zuschauern gefiel das kleine
Spektakel und die Jungs auf den schweren Maschinen ließen zur
Freude aller nochmals die Motoren kräftig dröhnen. Ich glaube
hier erlebte ich nach über 800 Spielen eine kleine persönliche
Premiere.
Die PS-starke Motivation zum Einlaufen
verlieh den Hausherren in der Anfangszeit keine Flügel. Die
ersten zaghaften Angriffe gehörten dem Hauptstadtklub, der in
einer unattraktiven Partie die Nase leicht vorne hatte. Für ein
paar gute Kombinationen reichte es jedoch und so führte ein
schönes Zusammenspiel auf der rechten Seite samt präziser Flanke
zum 1:0 (27.). Als etwas unorthodoxer Abnehmer und Torschütze
fungierte der 18-jährige Wale Musa Alli aus Nigeria. Die
Datenbank von Transfermarkt.de hat keine Vorgeschichte zum
Youngstar parat, der bei Tallinna Kalev auf der linken Seite
gesetzt ist. Dass die beiden Tabellennachbarn sich im Niveau
nicht groß unterscheiden, sollte sich wenig später auch auf der
Anzeigetafel wiederfinden. Sieben Minuten vor der Pause legte
die Heimelf einen Freistoß zurück an der Sechzehner. Der
darauffolgende Schuss aus der zweiten Reihe wurde abgeblockt und
landete im Gewühl der im Strafraum lauernden bzw. verteidigenden
Spieler. Schlussendlich war es Ounap, der mit einem Kullerball
den Ausgleich besorgte und beide Teams mit einem Gleichstand in
die Pause schickte. Zwei gefährliche Abschlüsse der Gäste aus
der Distanz kurz vor der Pause blieben die letzten
erwähnenswerten Möglichkeiten der Partie.
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