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Über Silvester ging es für Alex und mich
nach Belfast. Urlaubstage konnte man dank der ungünstigen Lage
der Feiertage zwar nicht sparen und trotzdem bot sich der kurze
Trip auf das irische Eiland durchaus an. Die Aussicht auf einen
böllerfreien und gemütlichen Jahreswechsel im Pub war sicherlich
ähnlich verlockend wie der Spielplan der nordirischen
Premiership, der bereits am 2. Januar den ersten Spieltag des
neuen Kalenderjahres in petto hatte. Da wir jedoch bereits am
Abend des 30. Dezembers in Belfast aufschlugen, stand zuerst
viel Sightseeing auf dem Plan. Vor knapp fünf Jahren machte ich
die Stadt bereits mit Mariano, Stev und Eric unsicher, jedoch
ohne dabei das Landesinnere zu erkunden. Das holte ich mit Alex
am Silvestertag nach und so ging es mit dem Mietwagen gen
Norden. Hauptziel unseres Tagesausflugs war der beeindruckende
Giant’s Causeway. Mit vergleichsweise wenigen anderen Besuchern
konnten wir die markant sechseckigen und weit ins Meer
reichenden Basaltsäulen erkunden. Obwohl es einiges zu sehen gab
und einiges gesehen wurde, fanden wir uns rechtzeitig im Pub ein
um dem munteren Vorglühen der Belfaster Jugend beizuwohnen.
Einige alkoholgeschwängerte Ausfälle später fanden wir uns im
neuen Jahr wieder.
Am Neujahrstag brachen wir zu Fuß in den
Osten der Stadt auf. Hier kann man neben dem Titanic-Museum und
den markanten gelben Brückenkränen Samson und Golitah auch
zahlreiche teils martialische Murals der Loyalisten begutachten.
Im Westen bzw. Nordwesten der 350.000-Einwohner-Stadt bietet
sich einem dann ein differenzierteres Bild. Je nach – teils
eingezäunter – Nachbarschaft findet man republikanische oder
loyalistische Wandbilder, Kneipen oder Fahnen. Am Montag, dem
Tag unseres Spielbesuchs, war die Stadt im Fußballfieber.
Hierfür sollte jedoch kein Spiel der heimischen Liga, sondern
das zur Mittagszeit stattfindende Old Firm sorgen. Da sich unser
Hotel direkt neben dem größten Celtics-Pub der Stadt befand,
bekamen wir einen recht guten Einblick in die Strahlkraft des
Glasgower Derbys bis nach Belfast. Während sich das Duell
zwischen Celtic und den Rangers in die Schlussphase
verabschiedete, waren wir bereits auf dem Weg zum Windsor Park.
Ja, ich sollte auch bei meinem zweiten Besuch der Stadt ein
obligatorisches Spiel im wunderschönen The Oval verpassen. Der
Spielplan hatte heute für Glentoran ein Auswärtsspiel
vorgesehen, sodass es uns ins Nationalstadion zog.
Dieses versprüht natürlich nicht den Charme
des Ovals und kommt eher bieder daher. 20.000 Zuschauer finden
im unspektakulären Windsor Park im Süden der Stadt Platz. Dieser
wurde bis 2017 umfassend renoviert und kommt als denkbar
nüchterner All-Seater daher. Zumindest die Nordtribüne, auf der
die zahlreich mitgereisten Gäste Platz nahmen, wurde im Zuge des
Neubaus lediglich neu bestuhlt und versprühte somit etwas
Old-Scholl-Charme. Mit dem Serienmeister und Gastgeber Linfield
FC und den Gästen aus Coleraine im Norden der Insel, trafen
immerhin zwei Publikumsmagneten der Liga aufeinander. Auch
sportlich kämpfen beide Teams um eine möglichst gute
Ausgangsposition für die anstehenden Meister-Playoffs. Links von
uns formierte sich eine ca. hundert Mann starke Truppe
Jugendlicher, die teils kontinental anmutende Unterstützung
ablieferte. Leider änderte der Support nichts an der schweren
Kost, die uns dargeboten wurde. Bei Temperaturen nahe dem
Gefrierpunkt harrten wir tapfer aus und wurden mit einem
torlosen Remis zum Jahresauftakt „belohnt“. Fußballerisch kann
es also (eigentlich) nur noch besser werden. Glückauf, 2023.
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