|
Nachdem das neue Jahr am vergangenen
Wochenende in Belfast erfolgreich aber torlos fußballerisch
eröffnet werden konnte, schloss sich der obligatorisch frühe
Besuch einer Partie in Belgien an. Während die Ligen in
Deutschland ruhen, spielt man in unserem Nachbarland bis in die
Amateurligen hinunter den Winter durch. Da eine meiner Missionen
für den Rest der Saison die Komplettierung der drei obersten
belgischen Ligen ist, entschied ich mich für einen Trip mit
Übernachtung und zwei Spielen an der belgisch-französischen
Grenze. Der erste Teilabschnitt der kleinen Reise führte mich am
Samstagnachmittag in die Provinz Hennegau in Wallonien. Hier
kickt der Klub Royal Francs Borains als Profiteur der
Corona-Aufstiegsregelungen mittlerweile gut in der dritten Liga
mit. Die jüngere Vereinsgeschichte der Grün-Schwarzen ist dabei
denkbar spannend. Um das Jahr 2014 herum trat man mit dem
ambitionierten Nachfolger des insolventen RFC Seraing in
Verhandlung. Seraing wollte, mit großzügigen finanziellen
Mitteln ausgestattet, möglichst schnell zurück in den
Profifußball und übernahm schlussendlich die Lizenz des
finanziell angeschlagenen Vorgängervereins des heutigen Francs
Borains. Seraing spielte nun also wieder in Schlagdistanz zu den
Top-Ligen während sich Francs Borains mit der Stammnummer eines
weiteren Vereins in der Mitte der Ligenpyramide neu gründete.
Einige Jahre später tauchte man dann in der mittlerweile
eingleisigen dritten Liga und somit in meinem Blickfeld wieder
auf.
Nach drei Stunden Fahrt durch den
verregneten späten Samstagnachmittag stoppte ich unweit des
Stadions natürlich zuerst an einer Frituur. Im ungeliebten
rudimentär dahingestotterten Französisch bestellte ich mein
Abendessen, ehe ich ebenso unbeholfen mein Ticket bezog. Das
Stade Robert Urbain entpuppte sich schon beim ersten Blick als
echtes Schmuckstück. Gut 8.000 Zuschauer könnten hier auf drei
überdachten Tribünen Platz finden. Die kleine aber feine
Haupttribüne wird dabei von der mächtigen Gegengerade in den
Schatten gestellt. Diese kommt auf der gesamten Spielfeldlänge
mit drei Ebenen daher. Unten versammelt sich der Pöbel auf den
Stehstufen, auf mittlerer Höhe residieren die VIPs hinter
Glasscheiben und unter dem Dach kann man das Spiel mit gutem
Überblick über das Geschehen sitzend verfolgen. Hinter einem der
Tore hätte mitgereisten Gästen ein ausladender abgetrennter
Sektor zur Verfügung gestanden. An diesem durchgängig
regnerischen aber milden Abend war der Ground natürlich
überdimensioniert. Nur ca. 250 Zuschauer kamen zum Jahresauftakt
gegen die U23 von Sporting Charleroi. Diese firmiert nicht unter
diesem öden Namen und bezeichnet sich stattdessen als „Zebra
Elites“.
Wirklich elitär ist ihre Tabellenposition
jedoch nicht. Während die Hausherren sich immerhin im
Tabellenmittelfeld etabliert haben, steht Charlerois Nachwuchs
nur knapp über dem Strich. In den ersten Spielminuten spiegelten
sich die Platzierungen auch auf dem Rasen wieder, auf dem die
Hausherren etwas Oberwasser genossen. Mein erstes Tor des Jahres
resultierte jedoch nicht aus einem der flott vorgetragenen
Angriffe, sondern aus einem eher mit viel Glück erfolgreichem
Distanzschuss (24.). Die rund 20 aktiven Unterstützer der
Heimelf nahmen diesen Treffer natürlich trotzdem gerne mit und
strapazierten nun mit neuer Kraft weiter die Trommel und die
Stimmbänder. Im zweiten Durchgang gesellte sich dann belgische
Prominenz neben mich auf die Stehränge. Der Klubboss und
Vorsitzende der Regierungspartei „Reformist Movement“,
Georges-Louis Bouchez verfolgte nun hemdsärmelig in
Trainingsjacke neben mir das Spiel. Er sah ein sich zunehmend
verschiebendes Kräfteverhältnis. Francs Borains verwaltete den
Vorsprung nur noch und wurde für die eigene Passivität mit einem
frechen Heber zum Ausgleich bestraft (81.). Die letzten zehn
Minuten gestalteten sich im anhaltenden Sprühregen entsprechend
offen und brachten schlussendlich keinen Sieger hervor. Für mich
ging es weiter ins Hotel, ehe es am Sonntag in Ledegem weiter
gehen sollte.
|
|