Die Nacht nach dem Spiel in Boussu
verbrachte ich in einem Hotel im französischen Lille. Von hier
aus war der Weg zum sonntäglichen Spiel von Sint-Eloois-Winkel
Sport nicht mehr allzu weit. Bevor der Ball rollte stand jedoch
ein kulinarisches Festmahl und etwas Sightseeing auf dem
Programm. Für beides ging es über die französisch-belgische
Grenze nach Kortrijk. Hier konnte ich zwischen Weihnachten und
Neujahr 2017 die Pro League komplettieren. Für einen Stadtbummel
reichte es jedoch auch aufgrund des damals katastrophalen
Wetters nicht. Das sah an diesem Sonntag anders aus und die
Mittagssonne ließ einen unter der Winterjacke fast schwitzen.
Die stattliche Portion Pommes in einer örtlichen Frituur tat
sein Übriges und so quälte sich der vollgefutterte Körper eher
schlecht als recht durch die beschauliche Stadt in Westflandern.
Nach knapp zwei Stunden hatte ich genug gegessen und gesehen und
brach ins wenige Fahrminuten nordwestlich von Kortrijk gelegene
Sint-Eloois-Winkel auf.
Das kleine Dorf sieht im ersten Augenblick
nicht wirklich nach semiprofessionellem Fußball aus. Zwischen
etlichen Einfamilienhäusern taucht dann jedoch im Ortskern der
Sportpark Terschueren auf. Wo andernorts eine Kirche das Zentrum
ziert, hat man hier also einen Ground hin gezimmert. Mir sollte
das natürlich recht sein. Die Sportanlage selbst bot dann einige
nette Fotomotive. Hinter der Stehplatztribüne auf der
Gegengeradenseite ragten nämlich die Silos und Anlagen einer
Futterhandlung imposant in die Höhe. Die besagte Tribüne im
Vordergrund gehörte heute größtenteils den zahlreich
mitgereisten Fans des Spitzenclubs vom RFC Liege. Die gut drei
Busladungen aus Lüttich machten bereits bei meiner Ankunft
Rabatz und hatten wenig Mühe dabei, ihren Gastauftritt zu einem
Heimspiel zu machen. Die Anhänger von Winkel Sport versammelten
sich indes auf der Sitzplatztribüne gegenüber. Spannend war auch
die Kantine, die so nah am Kunstrasenplatz gebaut wurde, dass
der Abstand zur Seitenlinie gefährlich knapp erschien. Alles in
allem ein wirklich schöner Ground der meine recht niedrigen
Erwartungen deutlich übertraf.
Was erwartete mich auf dem Rasen? Winkel
Sport ist eine eher kleinere Nummer in Belgiens dritter Liga.
Auch in seiner vierten Spielzeit nach dem Aufstieg im Sommer
2019 schlägt man sich wacker und sollte mit dem Abstiegskampf
nicht ernsthaft in Berührung kommen. Die Ansprüche beim Gast aus
Lüttich sind etwas andere. Der langjährige Erstligist will knapp
30 Jahre nach seinem Konkurs wieder nach oben und scheiterte im
letzten Jahr denkbar knapp in den Aufstiegs-Playoffs. Auch in
diesem Jahr beackert man mit ein paar anderen Konkurrenten die
Spitzenplätze der Liga. Mit den mitgereisten Fans im Rücken
hatte der Gast im ersten Durchgang die besseren Chancen. So
landete ein RFC-Kopfball an der Latte, während die Hausherren
wenig Gefahr ausstrahlten. Lüttich drängte nicht wirklich auf
die Führung und kam mit der Selbstsicherheit eines Spitzenteams
daher. Folgerichtig gelang dem RFC zehn Minuten nach dem
Wiederanpfiff der Führungstreffer. Der Ball des französischen
Stürmers Perbet überquerte die Linie knapp und nur Bruchteile
vor den fast erfolgreichen Rettungsversuchen der Winkel
Sport-Abwehr. Der anschließende Ausgleichstreffer benötigte in
seiner Bewertung kein Adlerauge. Rechtsverteidiger Dujardin
vollendete einen schnellen Angriff gekonnt und hob nach einer
Körpertäuschung den Ball über den chancenlosen Schnapper der
Gäste (62.). Der Schlusspunkt einer spannenden und guten Partie.
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