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Im Frühjahr 2018 gastierte der FC Schalke
04 als Tabellenzweiter in Köln-Müngersdorf. Wunderbar
schadenfreudig konnte man die Domstädter damals als „Letzter
Fußballclub Köln“ diffamieren und deren anstehenden Gang ins
Unterhaus bejubeln. Wie sich die Zeiten knapp fünf Jahre später
geändert haben. Der Effzeh konnte den direkten Wiederaufstieg
feiern und startete gar als Europapokalteilnehmer in die
aktuelle Saison. Mit Steffen Baumgart scheint man einen Leader
an der Seitenlinie zu haben, der die Kölner auf den richtigen
Weg gebracht hat. Nun ist der Erfolg in Köln (zum Glück) immer
fragil, sodass man die Karnevalsdeppen vom „Döm“ hoffentlich
früh genug wieder Leiden sieht. Anders als in den vergangenen
Jahren winkt man als Schalker jedoch nicht gerade vom hohen
Ross. Wer weiß wo der Schalker Weg hätte hinführen können, hätte
sich eben jener Baumgart vor zwei Jahren für Königsblau statt
Geißbock entschieden. Vielleicht hätte er den S04 auch zurück
ins Oberhaus gebracht und dabei eine Mannschaft plus Konzept
geformt die auch in der Bundesliga konkurrenzfähig ist.
Vielleicht hätte ich dann nicht den über die Maße lächerlichen
Auftritt meiner Mannen gegen die Taurinköpfe aus Leipzig einige
Tage mit mir rumgeschleppt.
Nun war Schalke der am Boden liegende
Letzte, der nach dem absolut berechtigten Liebesentzug im Spiel
gegen Leipzig unter der Woche von den Fans aufgebaut werden
musste. Im Rahmen der Eröffnung des Flutlichtmastens im
Parkstadion wurde die Mannschaft auf den Rückrundenauftakt am
Sonntagabend gegen den Effzeh eingeschworen. Kampf und
Leidenschaft könne man von hochbezahlten Profis sicherlich zu
jeder Zeit erwarten. Ein Offenbarungseid wie gegen RB dürfe es
nicht mehr geben, wolle man die denkbar geringen Chancen auf den
Klassenerhalt noch irgendwie am Leben erhalten. Man konnte nur
hoffen, dass den Mannen auf dem Rasen – ähnlich wie den Leuchten
des Mastens über ihnen – spätestens jetzt ein Licht aufgehen
würde. Bei mir waren sowohl die Euphorie des Trainerwechsels als
auch die Euphorie des neuen Jahres gänzlich verflogen. Nur wer
gegen Leipzig anwesend war, kann sich vorstellen, wie schlecht
eine Mannschaft sich präsentieren kann. Sollte dieser
Trümmerhaufen nun, nur fünf Tage später, gegen formstarke Kölner
ein anderes Gesicht zeigen?
Ja. Schalke war in allen Belangen wieder da
und präsentierte sich als wohl mächtigster und stimmgewaltigster
Tabellenletzter aller Zeiten. Wo sonst findet man einen am Boden
liegenden Club, der trotz aussichtloser Lage und im Nachgang
einer 1:6-Pleite das Stadion füllt und sämtliche Dezibel-Rekorde
leichter Hand wegschmettert. Die Donnerhalle griff den beherzten
Auftritt der Mannschaft auf und spiegelte diesen wieder. Mit
Kuchen-Ralle im Tor erhörte Reis den Wunsch aller Fans, sägte
Null-Bock-und Null-Talent-Keeper Schwolow ab und auf dem Rasen
agierte die gesamte Mannschaft deutlich sicherer. Auch wenn das
letzte Quäntchen zum Torerfolg fehlen sollte, zeigte man sein
anderes Gesicht. Und ja, Flo, Andre und ich hatten auf Schalke
wieder Freude. Freude an der Leidenschaft auf dem Rasen und der
brachialen Gewalt der Arena, die spätestens mit dem Comeback von
Publikumsliebling Zalazar explodierte. Die Hoffnung ist da, dass
man mit etwas Glück und einem bundesligatauglichen
Schiedsrichter wieder dreifach Punkten kann. Dass man
insbesondere gegen die direkte Konkurrenz Punkten kann. Dass man
allen Unkenrufen zum Trotz am Ende die Hertha, Stuttgart
und/oder Bochum hinter sich lassen kann. Gegen Köln. Immer!
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