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Der belgische Fußball ist in vielerlei
Hinsicht speziell. Blickt man beispielsweise auf die
Nationalmannschaft des nur 12 Millionen Einwohner beherbergenden
Landes, geht diese nicht selten als (Geheim-)favorit in
internationale Turniere. Die mittlerweile in die Jahre
gekommenen Stars der „Red Devils“ konnten diese Erwartungen zwar
nie erfüllen, versammelten die geteilte Nation jedoch in den
jeweiligen Sommern fast ausnahmslos hinter sich. So geschätzt
die Nationalelf international ist, so unbedeutend kommen die
nationalen Ligen daher. Die Zugpferde aus Brügge, Anderlecht,
Lüttich und Genk treten zwar regelmäßig in europäischen
Wettbewerben an, ohne jedoch wirklich konkurrenzfähig zu sein.
Unterhalb dieses Spitzen-Quartetts schaffen es regelmäßig
vermeintlich kleinere Klubs ins Rampenlicht. So konnten unter
anderem der KAA Gent oder vor kurzem die Royale Union
Saint-Gilloise Spitzenplätze beanspruchen. Im Großen und Ganzen
fallen mir im belgischen Fußball jedoch die komplizierte
Ligen-Struktur als auch die vielen insolventen Traditionsklubs
ein. So ändert der Verband gefühlt jährlich die Anzahl der Teams
in den oberen Ligen und führte als Pionier das Playoff-System in
Europas beliebtester Sportart ein.
Auch gibt es nahezu jährlich einen
vermeintlich großen Klub, der mehr oder weniger überraschend von
der Bildfläche verschwindet. Das für mich prominenteste Beispiel
war der belgische Pokalsieger von 2012 und 2014, Sporting
Lokeren. Im Frühjahr 2020 meldete dieser Konkurs an und
verschwand von der Bildfläche. Auch mein heutiges Nachholspiel
aus dem Dezember sollte nicht nur die zweite belgische Liga für
mich erneut komplettieren, sondern ebenfalls die Geschichten
zweier gefallener Traditionsklubs erzählen. Die Gäste aus dem
belgischen Lier konnten vor Ihrer Insolvenz 2018 acht nationale
Titel auf dem Briefkopf führen. Mittlerweile spielt der
Nachfolgeverein mit dem gleichen Logo und nahezu gleichem Namen,
aber weniger Strahlkraft in Belgiens Unterhaus. Da dieses im
Sommer um vier Nachwuchsteams auf zwölf Mannschaften aufgestockt
wurde, begrüßte die U23 des Club Brügge unter dem Markennamen
„Club NXT“ die Gelb-Schwarzen. Der Nachwuchs des amtierenden
Meisters nutzt mit dem stattlichen Stadion Schiervelde den
Ground des ehemaligen Zweitligisten KSV Roeselare, der
seinerseits 2020 Insolvenz anmeldete.
Kurzerhand nannte Brügge das Stadion um,
sodass dieses nun als „The Nest“ firmiert. Lange Rede, kurzer
Sinn – das „Nest“ war heute mein die Liga komplettierendes Ziel.
Ein Stadion, das auf einer langen und einer kurzen Seite über
moderne Sitzplatztribünen verfügt und somit nur halb fertig
daherkommt. Für den heutigen recht spärlichen Andrang, an dem
mich vor allem das Fernbleiben jeglicher Gästefans verwunderte,
war die Hütte natürlich absolut ausreichend. Die beiden
Duellanten finden sich im Gleichschritt im Mittelfeld der
Tabelle an der Schwelle zwischen Auf- und Abstiegsrunde wieder.
Entsprechend umkämpft und ausgeglichen gestaltete sich die
spannende, aber selten ansehnliche Partie. Auf beiden Seiten
waren immerhin genug Chancen da, um das schlussendliche 1:0 für
die Hausherren in beide Richtungen zu verändern. So bleibt bei
mir vor allem die komplette Einverleibung des einst stolzen
Grounds des KSV Roeselare hängen. Das Stadion Schiervelde kommt
mittlerweile im kompletten Corporate Design des Club Brugge
daher und wurde im Vorfeld scheinbar mit eigens vom Verein
entworfenen Zaunfahnen geschmückt. Sicherlich hätte ich diesen
Ground lieber mit bzw. bei den originären „Hausherren“ besucht.
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