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In den letzten Jahren und Monaten agierte
der FC Schalke des Öfteren rekordverdächtig. Nachdem man die
Negativrekorde der Abstiegssaison 2020/21 mit dem direkten
Wiederaufstieg fast vergessen machen konnte, schickten sich die
Bundesliga-Rückkehrer nun erneut an, einige Marken ins Visier zu
nehmen. So wartet königsblau beispielsweise schon seit einer
gefühlten Ewigkeit auf einen Auswärtsdreier. Ich kann mich
jedenfalls nicht mehr ohne Weiteres an den letzten
Bundesliga-Sieg in der Fremde erinnern. Immerhin stabilisierte
sich das Liga-Schlusslicht nach den teils verheerend anmutenden
Niederlagen zum Jahresbeginn in Frankfurt und gegen die
Brausebomber. Die Art und Weise wie man wieder in die Spur kam
war jedoch spektakulär unspektakulär und mal wieder typisch
Schalke. Gegen Köln, Gladbach, Wolfsburg und Union spielte man
jeweils 0:0. Vier torlose Remis in Serie zeugten von einer neuen
Stabilität in der Defensive rund um Routinier Ralf Fährmann.
Knapp 400 Minuten ohne eigenes Tor zeigten jedoch auch, wie
harmlos oder zumindest glücklos die Schalker Offensive in den
letzten Spielen agierte. Das Publikum war indes da. Die
beherzten Leistungen des Tabellenletzten entfachten trotz des
geringen Ertrags das Feuer in der Kurve. Der Schalker Anhang
replizierte die Leidenschaft des Teams und präsentierte sich
lauter, wilder und schlagkräftiger als in vergangenen
Vizemeister- und Europapokalzeiten.
Nach zwei fußballfreien Wochen im Südwesten
der USA brannte ich dementsprechend für das anstehende Heimspiel
am Samstagabend gegen die direkte Konkurrenz vom VfB Stuttgart.
Gemeinsam mit Andre und Flo absolvierte ich die letzten Meter,
ehe sich das wuselige und erwartungsfrohe Berger Feld vor mir
auftat. Heute musste endlich der langersehnte Sieg her. Die
Arena war erneut gut aufgelegt und auch nach etlichen Partien in
der Donnerhalle erlebt man ab und an Neues. So initiierten die
Nord- und Südkurve noch vor Spielbeginn einen schier endlosen
Wechselgesang, der nach mehreren Minuten erst vom Einsetzen des
Vereinslieds unterbrochen wurde. Ohne „Blau und weiß wie lieb
ich dich“ hätten beide Kurven sich gefühlt noch bis in die Nacht
das „Schalke“ bzw. „Null vier“ um die Ohren gehauen. Auf der
Gegenseite brachte der VfB ungewöhnlich viele Anhänger mit in
den Pott und konnte mit einer kleinen Choreo zu Spielbeginn
punkten. Auch wenn der heutige Auftritt der Schwaben mich
positiv überraschte, bleibt die Stuttgarter Szene eine der
Gruppen, bei denen Anspruch und Tradition nur selten als PS auf
die Straße gebracht werden können. Im Land von Daimler und Benz
passt die Auto-Metapher sogar ungeahnt gut.
Der mittlerweile eingespielte und
hemmungslose 0:0-Support der Schalker Anhänger wurde schon nach
zehn Minuten jäh unterbrochen. Über Matriciani und Frey fand
eine scharfe Hereingabe Drexlers Kopf, der es doch tatsächlich
wagte zur Schalker Führung einzunicken. Leute. Die Arena
explodierte und mein Freudensprung hätte in einigen Disziplinen
für eine Olympia-Qualifikation gereicht. Anschließend setzte die
bekannte Nervosität auf den Rängen ein. Man kennt sein Team und
hoffte schlichtweg, der Traum von drei Punkten würde nicht
enden. Noch vor der Pause sollte jedoch eine weitere Ekstase
folgen, als Bülter in einer für den S04 brenzligen Phase den
Ball sehenswert per Hacke ins lange Eck bugsierte. 2:0. Wo man
anderswo durchatmeten würde, erhöhten sich auf Schalke nun die
Verlustängste. Glücklicherweise konnten die Stuttgarter Ralle
nur einmal überwinden, sodass der S04 schlussendlich gewann,
feierte und bis auf drei Punkte an die Konkurrenz heranrückte.
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