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Am Sonntagmorgen belegte das wenige Stunden
alte Derby noch immer meine Stimme, Sinne und Knochen. Was war
das für ein Spiel. Durch die sozialen Medien tingelten die
ersten Fotomontagen, die Henne Matriciani mit dem Ballon d’Or
zeigten. Ich richtete meinen Blick indes bereits auf die
fußballerische Planung des Nachmittags. Auch am Sonntag waren
die Spuren der vollkommen verregneten Woche zu spüren und
sorgten für Spielabsagen in Hülle und Fülle. Bereits am
Samstagvormittag wurde beispielsweise mein jüngst geplanter
Besuch bei Paderborns U23 aus dem Spielplan gestrichen. Am Abend
folgte die Alternative beim VfL Oldenburg, für die Daniel und
ich uns bereits verabredet hatten. So blieb noch ein Pfeil im
Köcher. Die U23 der Zecken sollte um 23 Uhr Dynamo Dresden
empfangen. Ich hatte die Partie lange auf dem Zettel, da die
Sachsen sich anschickten, einen neuen Auswärtsfahrerrekord in
der dritten Liga aufzustellen. Knapp 7.500 Karten sollte die SGD
schlussendlich absetzen können. Anfangs sah es jedoch so aus,
als könne der mehr oder weniger neutrale Betrachter an diesem
Spektakel nicht teilnehmen. Wollte man Tickets außerhalb des
Gästesektors beziehen, musste man Mitglied der Kartoffelkäfer
sein. So weit ging mein Interesse dann doch nicht und alle ach
so tollen und treuen BVB-Fans in meinem Umfeld sind keine
Mitglieder ihrer Aktiengesellschaft. Heja BVB!
Am Spieltag selbst entdeckte ich dann, dass
man nun scheinbar einen freien Verkauf gestartet hatte. Auf die
künstliche Verknappung sollte nun also eine ungeregelte
Verteilung der Karten folgen. Verstehe das wer will. Kurzerhand
bestellten Daniel und ich uns Karten auf der Haupttribüne und
fanden uns wenig später in der Stadt ein, die man eigentlich
wann immer möglich meidet. Da man 3.000 der letztendlich 13.500
Tickets erst am Sonntag absetzte, schien der Ordnungsdienst am
einzigen Heim-Eingang der Wellblechruine leicht überfordert.
Trotz der Menschentraube um uns herum schafften wir es pünktlich
auf unsere Plätze. So erlebten wir die ansehnliche Pyro-Show auf
der Südtribüne und den furiosen Sturmlauf der Gäste in der
Anfangsphase. Die abstiegsbedrohte Reserve der Zecken hatte den
Dresdenern wirklich nichts entgegenzusetzen. Man spielte quasi
ohne Defensive und fing sich in den ersten Minuten prompt drei
Gegentore. Das Highlight war hier sicherlich der Strafstoß zum
0:3, der aus einem Foul im Strafraum abseits des Geschehens
resultierte und für viel
Verwunderung sorgte. Warum Profi-Söldner und Doppeltorschütze
Kutschke seine Tore wie ein verzweifelter Playboy in
Bodybuilder-Pose vor dem Heimmob feiern musste bleibt sein
Geheimnis. Über ein
paar weitere SGD-Treffer hätte ich mich natürlich trotzdem
gefreut. Nach den drei Treffern passierte auf dem Rasen jedoch
nicht mehr viel. Das Spiel war entschieden und beide Teams
hatten ein Spiel unter der Woche vor der Brust.
Natürlich waren wir nicht wirklich wegen
der fußballerischen Attraktivität hier. Viel mehr erfreuten wir
uns am Gästeanhang, der die Nordtribüne in U-Formation füllte.
Vor allem zu Spielbeginn legte Dynamo eine heiße Sohle aufs
Parkett, konnten hohe Mitmachquoten verzeichnen und etliche
Gesänge brachial gen Spielfeld schmettern. Schön war es zu hören
wie die Zecken um uns herum noch mit dem Derby haderten und
voller Neid auf den Ost-Anhang blickten. Die Reaktionen reichten
von „Die sind lauter als unsere Süd im wichtigsten und besten
Spiel des Jahres“ bis zum dumm-arroganten „Da klatschen alle
mit, wie sie es im Kommunismus so gelernt haben“. Ein Sieg auf
allen Ebenen für die SGD.
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