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Als ich Ende Februar für das Spiel zwischen
dem SV Atlas und Blau-Weiß Lohne in Delmenhorst aufschlug,
staunte ich nicht schlecht. Man hatte die Partie kurzerhand aus
mir unerfindlichen Gründen abgesagt. Ich konnte glücklicherweise
nach Heeslingen ausweichen und stand nicht komplett mit leeren
Händen da. Am Ostermontag sollte es anders laufen. Der Frühling
war so langsam da und auch ich war wieder da. Da in Delmenhorst,
da am Städtischen Stadion in der Düsternortstraße. Heute sollte
die Partie gegen Lohne wirklich stattfinden und so stand ich 18
Stunden nach dem Abpfiff in Sinsheim im Stadion des
Regionalligisten SV Atlas. Das Team von der Delme war in der
abgebrochenen ersten Corona-Saison 2019/20 als Tabellenzweiter
der Oberliga Niedersachsen aufgestiegen. Im vergangenen
Jahrhundert spielte man phasenweise sogar drittklassig und galt
als durchaus ambitioniert. 2012 wurde der Verein neu gegründet
und kämpfte sich seither aus der Kreisklasse in die
Regionalliga. Hier geht es nach einer ordentlichen letzten
Saison wohl in diesem Sommer wieder runter in die Oberliga. Ein
Sieg gegen den ebenfalls gefährdeten Aufsteiger aus Lohne könnte
der letzte Strohhalm für den Klassenerhalt sein.
Bis es zum nachgeholten Kräftemessen kam,
verschaffte ich mir jedoch den obligatorischen Überblick. Das
städtische Stadion mit schicker Leichtathletikanlage weist an
beiden Längsseiten einen Ausbau auf. Am Eingang der Anlage kommt
dieser in Form eines ausladenden und in die Jahre gekommenen
Funktionsgebäudes daher. Auf der gegenüberliegenden Seite steht
eine stattliche Sitzplatztribüne. Hüben wie drüben wurden zudem
ein paar Reihen mit blauen Sitzschalen montiert. Ich staunte
nicht schlecht, als sich die Ränge mehr als ordentlich füllten.
„Ähnlich wie der historische Verein verfügt auch die Neugründung
des SV Atlas Delmenhorst über eine überdurchschnittlich große
Anhängerschaft,“ steht hierzu bei Wikipedia. 1.100 Zuschauer,
von denen sicherlich gut 50 zu den Gästen hielten, begleiteten
die heutige Partie. Einige der Anhänger auf der Sitzplatztribüne
unterstützten Blau-Gelb in Ultra-Manier und waren bereits auf
den ersten Blick dem politisch rechten Spektrum zuzuordnen.
Generell traf man rund um den Platz auf extrem viele Kaputte,
vom Alkohol und/oder der AFD stark gezeichnet waren. Selbst ich,
gebürtig im wilden Osten und wohnhaft im Duisburger Norden,
blickte phasenweise entgeistert ins Publikum. Folgerichtig
liefen beide Teams dann zum stumpfen Gejaule der Onkelz aufs
Feld. Schmerz lass nach.
Ich stand zum Glück zufällig und scheinbar
intuitiv zwischen den Lohner Anhängern. Diese hatten zwar
ebenfalls Durst, präsentierten sich aber norddeutsch gemütlich.
Sie hatten auch allen Grund dazu. Der erste Durchgang gehörte
schließlich ihrem Team, das nach 22 Minuten verdient nach einer
passgenauen Hereingabe zur Führung netzte. Mit dem 0:1 zur Pause
war Atlas bestens bedient. Insbesondere der trotzdem extrem
quirlige und starke Lohne-Linksaußen Bredol hatte das ein oder
andere Ding mehr auf dem Schlappen gehabt. So erzielten die nun
etwas besser mitspielenden Hausherren nach einer Stunde aus dem
Nichts das 1:1. Die Entscheidung zu Gunsten der Lohner brachte
dann SVA-Keeper Wiewrodt. Der zuvor schon verspielte Schnapper
vertändelte den Ball und ermöglichte Zahmel das 2:1 (73.) zum
Lohner Sieg. In der Nachspielzeit kochten die Gemüter noch mal
hoch, als zwei Atlas-Akteure etwas früher Duschen durften
(Nachtreten und Kamikaze-Grätsche). Ein actionreiches Spiel und
ein interessanter Einblick in eine äußerst kaputte
Anhängerschaft.
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