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Vor dem letzten Spieltag der
Bundesliga-Saison 2022/23 hatte der FC Schalke weiterhin die
Chance, die Klasse zu halten. Dieser recht nüchterne Fakt ist an
sich schon ein kleines Wunder. Nach einer völlig verkorksten
Hinrunde mit nur neun Punkten aus 17 Spielen rappelte sich das
Team auf, fand zueinander und legte eine mehr als solide
Rückrunde hin. Die zweite Hälfte der abzuschließenden Spielzeit
ließ Schalke zusammenrücken und entfachte ein wohl nie da
gewesenes Feuer. Auf dem Rasen kämpfte eine Truppe nicht immer
erfolgreich, aber leidenschaftlich um die nötigen Zähler.
Belohnt wurde dieser Einsatz mit den für Schalke untypischen
Last-Minute-Siegen gegen Bremen und in Mainz. Aus eigener Kraft
konnten die Knappen die Bundesligazugehörigkeit trotzdem nicht
mehr festmachen. So begann natürlich auch auf unserer Fahrt nach
Leipzig die „Suche nach den verlorenen Punkten“. Andre, Flo und
ich sprangen im Gedanken unter anderem zum ersten Spieltag, an
dem man in Köln nach allen Regeln der Kunst verpfiffen wurde.
Nicht zu vernachlässigen sind zudem die Zähler, die unserem
Torhüter-Darsteller Schwolow in der Hinrunde (und auch im
letzten gegen die SGE…) durch die Hände, unter den Körper oder
sonst wo durchgeflutscht sind.
Nach gut fünf Stunden Fahrt erreichten wir
die bevölkerungsreichste Stadt Sachsens. Leipzig ist eine junge
und stetig wachsende Stadt, die seit jeher zwischen den
traditionsreichen Fußballklubs Chemie und Lok aufgeteilt ist.
Seit knapp 15 Jahren breitet sich hier jedoch eine Seuche aus,
die ihren Ursprung im österreichischen Fuschl am See hat. Es ist
einfach nur traurig, dass man auf dem Weg zum Zentralstadion
teils völlig normal wirkenden Menschen und Familien begegnet,
die dann aber im Gewand eines korrupten Brauseherstellers durch
die Gegend laufen. Umso wichtiger war es, dass abermals eine
stolze Anzahl Schalker dem letzten Strohhalm folgten und in
Sachsen aufschlugen. Der Relegations-Strohhalm hatte zwei
Optionen. Die halbwegs realistische Variante war ein Schalker
Remis bei RB bei einer zeitgleichen Niederlage des VfL Bochum
gegen Leverkusen. Völlig unrealistisch schien mir ein eigener
Sieg beim Ligadritten. Etwas wahrscheinlicher wurden all diese
Gedankenspiele als der wiedergenese Ralle scheinbar gesund und
munter vor seinem Fliegen fangenden Vertreter auf den Rasen
lief. Der Gästeblock explodierte das erstes Mal und versuchte
sein Feuer auf den wohl sowieso frittenfett-heißen Keeper zu
übertragen.
Bald darauf hatte das leidige Warten dann
ein Ende. Vor einer Choreo des Heimanhangs begann die Partie.
Traurig zu sehen, dass sich dieses ekelhafte Pack schamlos den
Stilmitteln echter Fanszenen bedient. Das Kopfschütteln hielt
an, da für Schalke bereits nach 20 Minuten der Ofen aus war. Man
selbst hatte sich bereits zwei Eier ins Nest gelegt und im
Parallelspiel in Bochum führte der VfL in Überzahl mit 1:0.
Schöne Scheiße. Nun kann der Fußball mit all seinen Wendungen
und kurzen Funken der Hoffnung besonders grausam sein. Nach
Treffern von Kaminski (28.) und einem absurden Eigentor (49.)
stand es plötzlich 2:2. Ging hier doch noch was? Leider nein.
Gefühlt konnten die Hausherren munter zwischen Halbgas und dem
munteren Tore schießen hin und her wechseln. Den erneuten
Abstieg besiegelten schlussendlich zwei späte Leipziger Treffer.
Im Gästeblock machte sich ein Mix aus Schmerz und Stolz breit.
Die Mannschaft wurde versöhnlich in die Sommerpause und den
erneuten Neuanfang geschickt. Ich war traurig, dass dieser
scheinbar so gut funktionierende Haufen nun wieder
auseinanderbricht. Sei’s drum. Wir bleiben auch im Unterhaus
Geilsten.
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