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Manche Spielberichte schreiben sich fast
von selbst und schon beim Tippen der ersten Worte weiß man wo
die Reise hingeht. Meine Gedanken zum Schalker Gastspiel am
Millerntor sind hingegen sehr diffus. Vielleicht macht es Sinn,
die Samstagabendpartie mit dem heutigen Wissen im Rückspiegel zu
betrachten. So wurde vor wenigen Stunden und für mich durchaus
überraschend Schalkes Cheftrainer Reis freigestellt. Nach der
1:3-Niederlage auf St. Pauli fand sich der Absteiger und
Aufstiegsaspirant Nummer eins auf dem Relegationsplatz wieder.
Nicht schlimm, sollte meinen, bei noch 27 verbleibenden Spiel
ist ein Sprung auf die direkten Aufstiegsplätze absolut im
Bereich des Möglichen. Nun belegt Schalke jedoch nicht den
dritten Tabellenplatz, sondern nach mageren sieben Punkten aus
sieben Spielen den denkbar schlechten 16. Platz. Die einzigen
beiden Siege in der aktuellen Spielzeit konnte man, nicht ohne
Störgeräusche, gegen Kaiserslautern und Magdeburg erringen.
Gegen die Roten Teufel schockierte das lahme, behäbige und
ideenlose Spiel trotz doppelter Überzahl. Im Heimspiel gegen
Magdeburg provozierten 30 indiskutable Auftaktminuten einen
selten dagewesenen Wutausbruch der sonst so treuen Nordkurve.
Trotzdem siegten die Knappen in einem
spektakulären Schlagabtausch mit dem FCM und ich frohlockte
gegenüber Andre von einem Wendepunkt und einer Initialzündung.
Genau eine Woche später stand ich mit tausenden anderen
Schalkern im Gästeblock des Millerntor-Stadions. Der Tag verlief
bis dahin gut, ich sah ein torreiches Spiel in Flensburg und
traf mich in Hamburg spontan mit Felix auf ein paar Bier. Im
Stadion präsentierten die Fans der Kiezkicker eine nett
anzusehende Choreo und die ersten Lieder der Gäste aus dem
Ruhrpott schepperten in Richtung Spielfeld. Im Kontrast zum
stimmungsvollen Drumherum waren beide Teams anfangs nicht auf
ein Fußballfest aus. Immerhin waren die Hausherren an einer
attraktiven Spielgestaltung interessiert und belohnten sich
mithilfe des Videobeweises per Handelfmeter mit dem 1:0 nach
etwas mehr als 20 Minuten. Schalke glich nur acht Minuten später
aus. Der Treffer von Polter kam aus dem Nichts und übertünchte
die abermals desaströse Leistung des S04 zumindest
vorübergehend. Im zweiten Durchgang spielte dann nur noch St.
Pauli und gewann die Partie absolut verdient mit 3:1. Wohl dem,
der wie mein Vordermann schon lattenhart ins Stadion kam und
sich im Verlauf des ersten Durchgangs mit noch mehr Bier völlig
aus dem Leben ballerte.
Nach einer erneuten Niederlage und einer
abermals erschreckend schwachen Darbietung sucht man natürlich
nach Gründen. Auch ich mache das und habe meine Gedanken vor
allem hier mehrfach geteilt. Mittlerweile habe ich jedoch von
detaillierten Analysen und Schuldzuschreibungen (Ausnahme: Die
Leistung von Möchtegern-Keeper-Schwolow in der vergangenen
Abstiegs-Saison) Abstand genommen. Wie will man es erklären,
dass Königsblau seit nunmehr mindestens sieben, acht Jahren
Fußball zum Abgewöhnen Spiel. Immer wieder verzerrten
zwischenzeitliche Teilerfolge den faulen Kern des Schalker
Spiels. Eine Art und Weise Fußball zu spielen, der es mindestens
seit dem Abgang von Jefferson Farfan 2015 an Tempo, Spielwitz
und Konzept fehlt. Vor wenigen Wochen veröffentlichte der Verein
dann ein von langer Hand geplantes „Sportkonzept“. Zweieinhalb
Wochen nach der Veröffentlichung belegt man die schlechteste
Tabellenposition der jüngeren Vereinsgeschichte, steht ohne
Trainer da und ist folgerichtig in negativem Sinne mal wieder in
Aller Munde.
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