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Es ist noch nicht so lange her, da fehlte
mir nach unnötigen Niederlagen gegen Augsburg oder Mainz vor
lauter Enttäuschung und Wut die Lust auf das Schreiben eines
Spielberichts. Mit meinem heutigen Wissen gucke ich etwas
entgeistert und neidisch auf meine damaligen Befindlichkeiten.
Immerhin verliert Schalke derzeit nicht leichtfertig Punkte im
Kampf um die internationalen Plätze. Der S04 wandert taumelnd
und hilflos am Abgrund und an der Schwelle zur Drittklassigkeit.
Beim Schreiben dieser Zeilen Bluten einem das Herz und die
Finger. Einerseits bin ich es langsam leid, den Zustand meines
Clubs in Gesprächen mit Bekannten, Freunden und Kollegen zu
erörtern, andererseits bin ich diesbezüglich mittlerweile
ziemlich abgeklärt und wohl auch aus Selbstschutz recht
emotionslos. So oder so fährt man ja weiterhin zu so gut wie
jedem Spiel. Vorfreude kommt dabei nicht mehr auf. Stattdessen
hält man sich mit Galgenhumor und einer antrainierten
Mir-doch-egal-Attitüde irgendwie über Wasser. Nach den
ernüchternden Niederlagen auf St. Pauli und in Paderborn sollte
die Schalker „Mannschaft“ also im Heimspiel gegen den
Mitabsteiger aus Berlin ein anderes Gesicht zeigen. Jenen die
daran glaubten ist wohl nicht mehr zu helfen.
Interimstrainer Kreutzer konnte einem nur
leidtun. Ihm stand eine völlig zerrüttete Truppe zur Verfügung,
die sich unter anderem in ein Pro- und Contra-Reis-Lager
aufteilte. Vermeintliche Führungsspieler wie Seguin und
Schallenberg bereuen ihre Transfers laut Medienberichten bereits
und überzeugen durch regelmäßige Nicht-Leistungen. Als Fan des
Geilsten Clubs der Welt fällt einem da nichts mehr ein. Man
erwartet nicht viel, aber ein Höchstmaß an Einsatz und ein
Mindestmaß an fußballerischer Qualität darf man von immer noch
hochbezahlten und etablierten Profis erwarten. Immerhin handelt
es sich hierbei um die berühmten paar Promille an talentierten
und motivierten Kickern, die es aus den Leistungszentren in den
Profifußball geschafft haben. Im Hier und Jetzt spielen diese
Pfeifen regelmäßig vor über 60.000 Zuschauern auf Schalke und
kriegen kaum ein Bein vors andere. Als fürsorglicher Ehemann
besorgte ich Alex kurzfristig noch eine Karte für dieses
illustre Schauspiel am Sonntagnachmittag. Mitgehangen,
mitgefangen.
Nach einer schmeckenden und nährenden
Mantaplatte vor der Nordkurve gesellten wir uns recht knapp vor
Spielbeginn zu Andre und Kerstin in den Block. Während ich
Heekerens Debüt im Tor begrüßte, wunderte ich mich über die
ansonsten wenig mutige Aufstellung rund um Anti-Fußballer
Schallenberg in der Zentrale. Etwas verwundert war ich über den
weiterhin erstklassigen Support in der Arena. Der Gästeanhang
aus Charlottenburg riss indes keine Bäume aus, konnte sich aber
mit einer Solidaritäts-Aktion gegen das Choreo-Verbot der
Polizei GE ein Sternchen abholen. In der Nordkurve hielt die
Unterstützung immerhin fast 60 Minuten an. Zu diesem Zeitpunkt
lag man jedoch bereits 0:2 hinten und bettelte gewohnt hilf-,
kampf- und ideenlos um die nächsten Gegentreffer. Hinten ließ
man sich unter anderem von Ex-Schalker Reese (zu schlecht für
uns) munter schwindelig spielen und vorne entdeckte man erst in
der Schlussviertelstunde das Fußballspielen für sich. Ein
Lattentreffer vom wieder genesenen und eingewechselten Terodde,
ein schönes Debüt-Tor für den engagierten und ebenfalls
eingewechselten Kabadayi (80.) sowie ein hart erkämpfter und
ebenso verzweifelter Abschluss Ouedraogos in der Nachspielzeit
genügten dann jedoch einfach nicht. Schalke 04 nach neun
Spieltagen: 7 Punkte, Platz 16, 0 Hoffnung.
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