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In unserem letzten Telefonat kündigte sich
Schtev für ein noch nicht feststehendes Wochen-ende im November
für einen kleinen Fußballtrip an. Er habe noch eine
Bahnfreifahrt, die es wegzuscheppern galt. Wenig später ließ er
Taten folgen und legte den 11.11. als potentiellen Termin auf
dem Tisch. Das passte erstaunlich gut. Ich hatte aufgrund
mangelnden Angebots an Spielen noch keine Pläne und am besagten
Datum außerhalb der Rhein-Ruhr-Region sein Glück zu versuchen,
ist sowieso immer eine gute Idee. Bei den Zielen ließ mir Schtev
die Wahl zwischen Meppen, Lippstadt und Kassel. Da musste ich
nicht lange überlegen und entschied mich für einen Ausflug nach
Nordhessen. Und Hilfe, wie schnell ist die Zeit ver-gangen. Mein
letzter Besuch im Auestadion ist bereits mehr als zehn Jahre her
und trotzdem noch recht präsent. Damals kämpfte der KSV mit
Holstein Kiel in der Relegation vergeblich um einen Platz in der
3. Liga. Die Störche sind mittlerweile ein etablierter
Zweitligist mit Am-bitionen nach oben, während die Löwen
zwischenzeitlich in der Hessenliga kickten.
Knapp vier Stunden vor dem Spielbeginn
sackte ich Schtev in Wilhelmshöhe ein. In der Zeit bis zum
Anpfiff erkundeten wir den Bergpark. Bei wechselhaftem Wetter
ging es hoch zum Herkules mit seinem grandiosen Ausblick auf die
Stadt und zur benachbarten Löwenburg. Immer wieder und vor allem
im Herbst eine nette Runde. Am Stadion angekommen versorg-ten
wir uns im Supermarkt - wie Teenager - mit Kaltgetränken und
Erdnussflips und enterten wenig später in einer der ersten
Wellen den Stehplatzbereich der Nordkurve. Mit Bier und
Mantaplatte blickten wir ins weite Rund und wurden
zwischenzeitlich sogar mit heimischen Klängen von Oxo86
beschallt. Wirklich voll wurde es an diesem meist ungemütlichen
Tag im November jedoch nicht. Nur gut 1.700 Zuschauer, drei
davon aus Balingen, trotzten den Umständen und der sportlich mal
wieder misslichen Lage in Kassel. Natürlich ist das zu wenig für
eine Stadt dieser Größe und einen Verein mit entsprechender
Tradition. Jedoch zollt man auch in Kassel den mehr als drei
Jahren außerhalb des Profifußballs Tribut. Neu-Trainer Alexander
Kiene sollte bestenfalls schon bei seinem Debüt den Bock
umstoßen und den Negativtrend stoppen. Zuvor musste KSV-Legende
Tobias Damm nach sechs Niederlagen in den letzten sieben
Ligaspielen schweren Herzens den Posten räumen.
Wenige Sekunden nach dem Anpfiff rieb man
sich dann verwundert die Augen. Sararer nutz-te den ersten
Angriff prompt zum 1:0. Ein Einstand nach Maß für Kiene, der
zwanzig Minuten später nochmals jubeln durfte, als Zografakis
frei am zweiten Pfosten einschob. Etwas unnö-tig kam dann der
Anschlusstreffer der bisher harmlosen Gäste daher (35.).
Trotzdem war die 2:1-Pausenführung natürlich ein zumindest
zwischenzeitlicher Erfolg. Die Stimmung war gut und in Führung
liegend waren die regelmäßigen Regenschauer dann auch gar nicht
mehr so schlimm. In der zweiten Halbzeit schien es für die
Hausherren vor allem darum zu gehen, diese irgendwie zu
überstehen. Ein Treffer „auf die klassische Art“ lag auf beiden
Seiten nicht wirklich in der Luft. Dementsprechend brachte ein
echter Geniestreich die vermeintliche Vorentscheidung. Aus 35
Metern hob der eingewechselte Bejdic den Ball über den
machtlo-sen Keeper zum 3:1 ins Tor (89.). Früher ein sicheres
„Tor des Monats“. Heutzutage fallen so gefühlt ein halbes
Dutzend Treffer an jedem Wochenende in des Stadien dieses
Landes. Der prompte Anschlusstreffer sorgte noch für mehr
Spannung als nötig, fiel jedoch nicht mehr ins Gewicht. Das war
ein guter Tag!
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