|
Im Dauerregen verließ ich den Tivoli mit
seiner dramatischen Schlussphase und düste mit einem E-Scooter
zurück zum Auto. Etwas mehr als eine Stunde später traf ich für
das zweite Spiel des Tages in Krefeld ein. Der späte Anpfiff um
18 Uhr ermöglichte mir einen kleinen Traditions-Doppler zweier
Teams, deren beste Zeiten teils weit zurücklagen. Der Absturz
des KFC ist jedoch schon etwas länger her, als der Niedergang
der Alemannia. Zudem stoppte der Absturz des ehemaligen
Werksclubs erst in der Oberliga. Nach mehreren Engagements von
teils dubiosen Investoren ging es zwischenzeitlich wieder bis in
die 3. Liga hoch (2018-2021), ehe man sich schnurstracks wieder
in der Fünftklassigkeit wiederfand. Mit den durchaus treuen und
auch meist zahlreich vertretenen Fans des KFC möchte man selbst
als Schalker nicht tauschen. Das ist schon ein wildes Auf und Ab
im sportlichen, strukturellen und finanziellen Sinne. Sportlich
konnte man seiner Favoritenrolle als Goliath unter etlichen
Davids in der letzten Oberliga-Spielzeit nicht gerecht werden.
Auch in dieser Saison läuft man der Spitze bisher hinterher.
Aktuell ist man zumindest spürbar im Aufwind.
Die Strukturen des Klubs sind ein
immerwährendes Thema. Wie wenig nachhaltig der Einstieg windiger
Geldgeber ist, sieht man nirgends besser als in
Krefeld-Uerdingen. Bei all den sportlichen Höhen und Tiefen
vergaß man zudem das altehrwürdige Grotenburg-Stadion. Dieses
wird gerade ertüchtigt und gehört für mich immer noch zu einer
der schönsten Spielstätten der Republik. Derzeit dürfen jedoch
nur etwas mehr als fünf Prozent der eigentlichen Kapazität der
Hütte ausgelastet werden. Während die beiden Tribünen
mittelfristig Zuschauer beherbergen dürfen, sind die Kurven wohl
abgeschrieben. Vor allem die steile und imposante
Hintertortribüne rechts der Haupttribüne ist dabei ein echter
Blickfang. Wer weiß, vielleicht kommen ja wieder goldene Zeiten
im Schatten des Krefelder Zoos. Rund um das abendliche Duell
gegen stark aufspielende Ratinger war es indes grau und nass.
Anders als noch in Aachen konnte ich die Schlange vor dem
Stadion nicht umgehen und war heilfroh, als ich die Kontrollen
passiert hatte. Endlich in trockenen Gefilden, kämpfte ich mich
zum einzigen Wurststand durch und nahm dann mit einer recht
geschmacklosen Krakauer im „Ausweichblock“ platz. Lange hielt es
mich aufgrund der anstrengenden Hipster-Nachbarschaft nicht auf
meinem Platz, sodass ich die Partie lieber im Stehen auf den
provisorischen Presseplätzen betrachtete.
Nachdem die Akteure durch den
Baustellenmatsch den Rasen betraten, begann ein munterer Kick
und das Tippen der Hobby-Redakteure. Der betagte Schreiberling
vor mir hatte bereits fleißig vorgeschrieben und notierte jede
Karte und jeden Wechsel so akribisch, als könnte man diese im
Nachhinein nicht von fussball.de abschreiben. Links neben ihm
tippte ein junger Mann den jeweiligen Ballbesitz und die
Torchancen per Knopfdruck in ein Handytableau. Leicht versetzt,
rechts vor mir, berichteten zwei Reporter des Fanradios live von
der Tribüne. Für die beiden Jungs reichte es trauriger Weise nur
für denkbar unbequeme und ungepolsterte Holzstühle. Das war dann
wohl der KFC in a nutshell. Generell frage ich mich, wie viel
Reichweite diese teils aufwendig erfassten und produzierten
Inhalte generieren. Am Ende ist so ein hart erkämpfter und erst
in der letzten Spielminute errungener 1:0-Sieg vor Ort durchaus
schön und emotional. Für den geneigten Leser der Lokalzeitung
ist das Ganze eher eine Randnotiz neben den Meldungen aus dem
großen Fußball-Zirkus.
|
|