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In den vergangenen Jahren konnte ich viele
der größten, berühmtesten und schönsten Stadien Europas
besuchen. Somit bleiben entsprechend wenige Ziele auf der losen
To-Do-Liste in meinem Kopf unbesucht. Das Stadion „La Licorne“
des französischen Zweitligisten Amiens SC ist einer dieser
Grounds. Seit geraumer Zeit ist dieser dementsprechend dem
Status „Anvisiert“ zuzuordnen. Warum also nicht das erste
Wochenende des neuen Jahres für einen Besuch der Hütte nutzen?
Immerhin hat es für mich mittlerweile Tradition
(außerhalb der Corona-Zeiten), das neue Jahr fußballerisch im
Ausland zu begrüßen. Nun hatte ich also stolze vier Stunden
Autofahrt vor der Brust, ehe ich am frühen Samstagnachmittag in
der nordfranzösischen Stadt aufschlug. Zeit genug also, um vor
dem Anpfiff des abendlichen Pokalspiels die Stadt zu erkunden.
Mal wieder überraschte mich eine überschaubare Großstadt ohne
großen Namen und große Erwartungen positiv. Innerhalb von gut
drei Stunden durchstreifte ich Amiens, das eng mit dem Leben und
Werk von Jules Verne verbunden ist und sah viel Schönes und
Hübsches. Glücklicherweise spielte auch das Wetter mit und der
nun dauerhafte Begleiter Regen setzte erst während meiner Fahrt
zum Stadion langsam ein.
Das Stadion. Benannt nach den Einhörnern im
Stadt- und Vereinswappen ist der Ground trotz seiner
bescheidenen Kapazität durchaus so einzigartig wie das
namensgebende Fabelwesen. Die markante hoch aufragende und
leicht nach innen geneigte Glasdach-Konstruktion des Stadions
(O-Ton Wikipedia) ist mir so von keiner anderen Spielstätte
bekannt und macht sowohl von außen als auch von innen richtig
was her. Viel zu selten begegnet man heutzutage Stadien mit
einem gewissen Alleinstellungsmerkmal. Entsprechend erfreut
begutachtete ich den Bau aus allen mir zugänglichen Winkeln und
schoss meine Fotos vom ersten Ground des neuen Jahres. Möglich
machte das, die so früh im Januar terminierte „Runde der letzten
64“ im nationalen Pokalwettbewerb. In dieser steigen auch die
Erstligisten in den Wettbewerb ein und leisten den
„überlebenden“ Zweitligisten und Amateurclubs Gesellschaft. Hier
und heute bei kaltem und regnerischem Wetter empfingen die
Hausherren des Amiens Sporting Club den Erstligisten und Meister
von 2012, Montpellier HSC.
Der Zuschauerzuspruch hielt sich an diesem
Abend trotz des prominenten Gastes und des attraktiven
Wettbewerbs in Grenzen. Das Stadion war nur zu gut zwei Dritteln
gefüllt. Die ca. 50 mitgereisten Gäste aus Südfrankreich boten
der Heimkurve ordentlich Paroli und nebelten das Stadion vor dem
Anpfiff ordentlich ein. Bei der Stimmung gab es jedoch,
unabhängig vom Spielstand, Schwankungen, die ich so aus
deutschen Stadien nicht gewohnt bin. Lediglich ein Schreihals
wenige Reihen vor mir nahm sich über die gesamte Spieldauer
etwas zu wichtig und nutzte die zwischenzeitliche Stille für
regelmäßige, wohl pseudo-witzige, Zwischenrufe. Ob die spürbare
Verunsicherung der standesgemäß favorisierten Gäste am besagten
Störenfried lag? Wohl eher nicht. Trotz der wenig überzeugenden
Leistung konnte Montpellier rund um die Pause durch ein recht
absurdes Eigentor (42.) und einen strittigen, für mich nicht
nachvollziehbaren, Foulelfmeter (56.) in Führung gehen. Trotz
des postwendenden Anschlusstreffers (58.) und des dauerhaften
Drucks des Zweitligisten, sicherten sich die Jungs aus dem Süden
mit viel Cleverness und augenscheinlichem Zeitspiel den knappen
Sieg und somit den Einzug ins Sechzehntelfinale. Ich begab mich
zu meinem Auto und machte mich auf einer erschreckend leeren
Autobahn auf den Weg in die Normandie.
Fotos Sightseeing
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