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Am Sonnabend war Schalke-Tag – und dieser
begann für Alex, Andre und mich etwas anders als üblich. Im
Vorfeld der Partie hatten wir uns für die vom Verein angebotene
Tour zu jüdischen Schicksalen auf Schalke angemeldet. Genauer
gesagt, haben wir uns für eine Teilnahme „beworben“. Glücklich
über die Zusage, brachen wir am Samstagmorgen in Richtung
Gelsenkirchen auf und trafen uns pünktlich um zehn Uhr mit
unserem Tour-Führer Martin. Ja, die Urzeit und der Nieselregen
passten sicherlich nicht jedem und trotzdem war das schon
enttäuschend, dass ein Verein wie Schalke 04 nur drei
Teilnehmende für eine Tour zu einem so wichtigen Thema
begeistern konnte. Somit lernten wir also bei einem privaten
Rundgang durch die Stadt der tausend Feuer viel Spannendes und
natürlich auch Erschreckendes über die Schalker Spieler,
Funktionäre und Gönner, die aufgrund ihres Glaubens verfolgt,
verhöhnt, verstoßen, deportiert und ermordet wurden. Gerade in
der heutigen Zeit, in der antisemitische und rassistische
Ansichten für große Teile der Bevölkerung wieder salonfähig und
wählbar geworden sind, kann man sich nie intensiv genug mit den
Gräueltaten der Vergangenheit beschäftigen. Nie wieder ist
jetzt! - und vor allem: Fick die AFD!
Der Sprung zu den sportlichen Geschicken
auf Schalke kann nur plump und ungelenk wirken. Diese nahmen nun
jedoch Besitz von unseren nächsten Stunden. Die Ausgangslage war
schon wieder recht nah an der Belastungsgrenze dessen, was man
sich als Fan noch zumuten kann und will. So startete man mit
einer durchaus einkalkulierten Niederlage gegen den HSV und
einer desaströsen Klatsche auf dem Betzenberg in die Rückrunde.
Der zaghafte Zauber des passablen Jahresabschlusses und der
emotionalen Verpflichtungen von Sportdirektor-Wilmots und
Rückkehrer Churlinov waren flugs verflogen. Bei Königsblau war
zum wiederholten Male der Blues eingekehrt. Grund genug, sich
mit einer schmackhaften Mantaplatte vor der Nordkurve zumindest
kulinarisch in Stimmung zu versetzen. Nur um wenig später
minutenlang im Regen auf den Einlass zu warten. Wie schön wäre
es, wenn man nur über diese Kleinigkeiten meckern müsste. Bei
allem Missmut war die Arena trotzdem wieder ordentlich gefüllt.
Auch die Gäste aus Braunschweig füllten ihren Steh- und
Sitzplatzbereich vorbildlich, sodass trotz der verspäteten
Ankunft der Ultras aus Niedersachsen von Beginn eine gute
Stimmung herrschte. Der Abstiegskracher auf dem Berger Feld
konnte beginnen.
Es dauerte nicht lange, bis das erste
Stöhnen und die ersten Schimpfereien Richtung Rasen hallten. Der
gesamte erste Durchgang hatte auf beiden Seiten recht wenig mit
Fußball zu tun. So wird man das Gefühl nicht los, dass in Reihen
des S04 mit Karaman und Churlinov nur zwei Kicker das Prädikat
„Fußballer“ verdienen. Der Rest schwamm irgendwie mit und
probierte vergebens nicht negativ im Mannschaftsgefüge
aufzufallen. Die einzigen Lichtblicke bis hierhin: Marius Müller
stand endlich wieder zwischen den Pfosten und
Karaman kam dem ersten
Treffer der Partie mit seinem Lattenkracher in der 34. Minute
erstaunlich nah. Vom BTSV kam auf dem Rasen noch nicht wirklich
viel. Immerhin verschaffte sich der Anhang regelmäßig Gehör und
zeigte zum Wiederanpfiff eine schicke gelb-blaue Choreo zu Ehren
des Clubs von der Oker. Nach einer Stunde wurde es dann
glücklicherweise still im Gästeblock. Mit einer formidablen
Einzelaktion entschied Karaman sehenswert die Partie. War das
Spiel der Knappen elegant, schön, berauschend oder Hoffnung
spendend? Nein. Der Sieg gegen das Kellerkind war lediglich
wichtig. Nicht mehr und nicht weniger.
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