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Fußballerisch ist die Region
Ostwestfalen-Lippe für mich ein Phänomen. Irgendwie ist die
Region recht gesichtslos. Große Mast- und
Fleischbearbeitungsbetriebe, Küchenhersteller und ein viel zu
großes Interesse am Handballsport. Irgendwie alles ziemlich lahm
und durchschnittlich im Osten Nordrhein-Westfalens. Während
einem diese Durchschnittlichkeit qualitativ auch im Fußball
begegnet, fährt OWL hier quantitativ ganz große Geschütze auf.
So werden die ca. zwei Millionen Einwohner von einem
Zweitligisten (Paderborn), zwei Drittligisten (Bielefeld und
Verl) sowie fünf Regionalligisten repräsentiert (Gütersloh,
Wiedenbrück, Rödinghausen, Lippstadt und – der Vollständigkeit
halber - Paderborns Reserve). Davon können selbst einige
mindestens genauso einwohnerstarke Bundesländer wie Thüringen,
Brandenburg oder Sachsen-Anhalt nur träumen. Was die
Begeisterungsfähigkeit angeht, sind die genannten Clubs jedoch
bis auf die Bielefelder Arminia durchaus zu vernachlässigen.
Daher ist auch das vermeintliche Derby zwischen Wiedenbrück und
Gütersloh (10 Kilometer Autofahrt) kein Straßenfeger und nur für
Feinschmecker interessant.
Wäre ich an diesem Dienstagabend nicht
aufgrund einer Dienstreise sowieso in der Region unterwegs
gewesen, hätte ich den Weg für die Partie sicherlich nicht auf
mich genommen. Trotzdem freute ich mich natürlich über die
willkommene Abendbeschäftigung. Aufgrund des wirklich miserablen
Wetters wäre die Alternative ein wenig spannender Feierabend im
kargen Hotelzimmer gewesen. So fand ich mich also gut eine
Stunde vor Spielbeginn am Wiedenbrücker Jahnstadion ein. Sowohl
die Hütte als auch der Verein sind maximal unspektakulär. Der
Ground konnte sich bei meinem ersten und bis dato einzigen
Besuch 2013 nicht in mein Gedächtnis brennen und auch die Fans
aus der Stadt an der Ems agierten bei den Aufeinandertreffen mit
mir wenig erwähnenswert bis peinlich. Auf der Gegenseite machten
die Gütersloher Anhänger schon bei ihrer Ankunft ordentlich
Rabatz. Rund um das anstehende Derby zeigte man akustisch und
optisch, wer die Nummer ein im Kreis ist. Seit dem Niedergang
und der Neugründung des ehemaligen Zweitligisten im Jahr 2000
erleben die Gütersloher ihre bisher erfolgreichste Zeit und
spielen seit dem vergangenen Sommer wieder Viertklassig. Ich
freute mich auf den Auftritt der mitgereisten Fans und war
gespannt.
Auch wenn das gut 2.500 Zuschauer fassende
Jahnstadion offiziell nur zur Hälfte ausgelastet war, wurde es
auf den beiden Tribünen und auch auf dem restlichen Gelände
richtig voll. Der ebenfalls gut ausgelastete Gästeblock im Osten
der Anlage startete mit einer ansprechenden Pyroshow in die
Partie. Diese brauchte dann jedoch trotz des anfänglichen Feuers
25 Minuten, bis man sich die erste Torchance notieren konnte.
Immerhin musste man nur zehn weitere Minuten auf den ersten
Treffer der Begegnung warten. Nach einem Eckball der Gäste
schummelte sich der Ball ziemlich undurchsichtig in den Kasten.
Das Geschehen vor dem Kasten war so wirr, dass auch der
Stadionsprecher sich keine Nennung des Torschützen anmaßen
wollte. Abseits einiger peinlicher Pöbeleien der heimischen
Fans, behielt der FCG auf den Rängen die deutliche Überhand. Auf
dem Rasen bot sich ein ausgeglichenes Bild. Kurz nachdem über
die Lautsprecher die letzten zehn Minuten der Partie sowie die
entsprechende Schlussoffensive der Wiedenbrücker angekündigt
wurden, fraßen diese das 0:2 und somit die endgültige
Entscheidung. Fazit: Während ich durchaus auf den SCW verzichten
kann, sind die Gütersloher die erwartete Bereicherung für die
Liga.
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