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Das Schalker Heimspiel gegen den Glubb
verfolgte ich unter ungewohnten Umständen in der Nordkurve. Laut
den gängigen Berechnungen war die Geburt unserer Tochter bereits
seit fünf Tagen überfällig, sodass ich immer mindestens ein Auge
am Telefon hatte. Beim nächsten Heimspiel, eine Woche später
gegen Magdeburg, war die Welt bereits eine andere. Mit meiner
Tochter auf der Brust sah ich live im DSF die klare Niederlage
meiner Knappen. Erst gut 50 Stunden auf der Welt, durfte Lynn
miterleben, was es bedeutet, zum FC Schalke 04 zu stehen. Ging
der Blick aufgrund der guten Leistung gegen Nürnberg zaghaft
nach oben, schaute man nach der Klatsche gegen den FCM wieder
besorgt auf das Polster zu den Abstiegsrängen. Zwei Wochen
später stand die Partie daheim gegen Karlsruhe vor der Tür. An
einem bitterkalten, aber immerhin sonnigen Sonntagvormittag,
verabschiedete ich mich von Lynn und Alex und brach in Richtung
Gelsenkirchen auf. Ich wusste nicht so recht, was ich von
Schalkes sportlicher Situation halten sollte. Gefühlt mündet mal
wieder jeder Schritt nach vorne in einen mindestens ebenso
großen Schritt zurück. Für mich gibt es wenig Ausgangslagen, die
schlimmer sind als das tabellarische Niemandsland. Die Region,
in der es irgendwann fürs Klassement egal wird, ob die
anstehende Partie siegreich bestritten wird.
Scheinbar bin ich mit diesen Gedanken recht
allein oder meine blau-weißen Mitmenschen denken mehr
„von-Spiel-zu-Spiel“ als ich. So präsentierte sich unser
angestammter Bereich in der Kurve sogar etwas voller als
gewohnt. Andre und ich fanden natürlich trotzdem einen Platz und
erlebten nach langer Zeit mal wieder einen Anpfiff ohne Pyro
oder sonstige Aktionen in den Kurven. Die Unterhaltung übernahm
stattdessen das Spiel selbst. Janik Bachmann, dem Andre heute
ziemlich forsch einen Doppelpack prophezeite, nutzte die erste
große Lücke im Defensivverbund der Badener zur frühen
1:0-Führung (6.). Die Weichen wurden somit zeitig auf das
freudige und jubelnde Schalke gestellt, das zwischen den ganzen
Nackenschlägen natürlich weiterhin existiert. Apropos
Nackenschläge. Eine eigentlich harmlose Karlsruher Mannschaft
kam keine zwanzig Minuten später zum Ausgleich. In Folge eines
vermeidbaren Ballverlustes im Mittelfeld, ließ sich die Schalker
Hintermannschaft nach allen Regeln der Kunst überrennen. Das
Abwehrverhalten der Königsblauen erinnerte mehr an die Fußball
AG der Heinrich-Böll-Grundschule, als an einen ambitionierten
Zweitligisten.
Schalkes Lebensversicherung bleibt indes
der Angriff. Im Gewusel stellte Winterzugang Ba nach einer Ecke
und mit seinem Premieren-Tor die Schalker Führung wieder her
(34.). Trotzdem blieb der Ärger über das viel zu einfache
Gegentor und die vergebenen Möglichkeiten vor dem Tor der Gäste.
So wurde die zweite Hälfte intensiv durchgezittert. Weitere
Chancen wurden fahrlässig liegen gelassen und auch der frische
Wind für die Offensive verpasste es, die Entscheidung zu
bringen. Ab der 69. Spielminute sollten Gantenbein, der vielfach
von den Fans geforderte Hamache und Schalkes vermeintliches
Top-Talent Amoussou-Tchibara den Deckel draufmachen. Während
letzterer seine Klasse beim Debüt ab und an aufblitzen ließ,
verursachte Hamache mit seinen sinnfreien Dribblings mehrere
unnötige Ballverluste, die wenig später vor dem eigenen Kasten
für Gefahr sorgten. Doch heute hieß es zum Glück: Ende gut,
alles gut. Die Knappen schickten die Hertha/KSC-Combo mit der
zweiten Niederlage binnen 20 Stunden nach Hause. In diesem
Sinne: Hahohe!
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