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Tatsächlich tue ich mich schwer, die
Schalker Gastspiele bei der Hertha als Auswärtsspiel zu
bezeichnen. Einerseits ist die Region für mich als gebürtigen
Randberliner mindestens genauso viel Heimat wie das Ruhrgebiet.
Keinen anderen Gästeblock kenne ich besser, als den des Berliner
Olympiastadions. Dazu kommen die stetigen Invasionen des
Schalker Anhangs, die den Anhang der Alten Dame im eigenen
Stadion seit Jahren in den Schatten stellen. Trotz des
enttäuschenden Saisonverlaufs beider Mannschaften, prophezeiten
einige Quellen wahnwitzige 40.000 königsblaue Schlachtenbummler
im weiten Rund. Wer diese Zahl in die Welt setzte, ist mir nicht
bekannt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Berliner diese
Zahl platzierten, um die eigenen Fans bei der Ehre zu packen. So
oder s kannte ich kaum Schalker, die sich an diesem sonnigen
März-Wochenende nicht auf den Weg in die Hauptstadt machten.
Schlussendlich war überschaubare Gruppe um Mariano, Andre und
Chris ein kleiner Bestandteil der wohl gut 25.000 Knappen im
Olympiastadion. Auch wenn man von den kolportierten 40.000
Gästefans weit entfernt war, bedeutete diese Zahl den alleinigen
Auswärtsfahrerrekord für diese Spielzeit im deutschen
Profifußball. Mal wieder waren es also die Fans des S04, die
sich an die Spitze der deutschen Anhängerschaft setzten.
Sommer, Sonne und Stimmhoheit auf den
Rängen. Nun fehlte nur noch ein Sieg gegen den kriselnden Big
City Club. In der S-Bahn auf dem Weg zum Stadion diskutierten
wir frohlockend über die Spielstätte der Hertha bei einem
möglichen Abstieg. Die Einlasskontrollen am drittgrößten
deutschen Stadion präsentierten sich indes bereits amateurhaft.
Anders als viele Schalker hinter uns, schafften wir es zum Glück
pünktlich in den Block. Dieser erstreckte sich über weite
Strecken rund um das Marathontor teilweise bis auf die Höhe der
Mittellinie. Das machte Bock und so schepperten die ersten
Lieder mit ordentlicher Gewalt in Richtung Spielfeld. Auch wenn
man sich sportlich im Niemandsland der zweiten Liga bewegte, war
jedem Schalker die Lust auf einen Sieg unter diesen grandiosen
Begleitumständen anzumerken. Dazu kam ein gewisses Gefühl der
Unverwundbarkeit. Trotz eines eher bescheidenen Auftritts,
konnte man im vergangenen Heimspiel gegen Münster siegreich vom
Platz gehen. Dank des Matchwinners aus dem Spiel gegen die
Preußen, Loris Karius im Schalker Kasten, verbot sich jeder
Gedanken an einen Gegentreffer von alleine.
Den benötigten eigenen Treffer besorgte
Kalas nach 27 Minuten per Kopf nach einer Ecke. Schalke agierte
auch sonst überlegen und hätte den Hausherren gerne noch ein Tor
mehr einschenken können. So kam nach der Pause das, was man so
häufig erlebt. Die Berliner präsentierten sich plötzlich ganz
anders und mal wieder war es ausgerechnet der auf Schalke
ausgebildete und später vom Hof gejagte Reese, der Schalkes
krummbeinige Verteidiger wie Freizeitkicker aussehen ließ. Sechs
Minuten genügten Reese nach dem Wiederanpfiff um Kalas mit einer
Körpertäuschung ins Leere und den Ball ins Tor zu schicken. Der
Schock saß jedoch nur wenige Minuten, da sich die Berliner im
eigenen Strafraum bis in ein Foulspiel vertändelten. Karaman
besorgte vom Punkt die erneute Führung. Es folgte eine wahre
Flut an Hertha-Chancen, die jedoch nicht von Erfolg gekrönt
waren. Zum zweiten Mal in Folge erkämpfte sich der S04 mit Ach
und Krach drei Punkte gegen ein Team aus dem Tabellenkeller. Das
nimmt man gerne mit und hofft auf weitere, dann vielleicht etwas
souveräner erspielte Erfolge.
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