SPIEL #444
FC Infonet Tallinn vs. JK Tallinna Kalev 5:0 (1:0) |
||
Website | Website | |
13.07.2014 - Sportland Arena, Tallinn | ||
114 Zuschauer | ||
Meistriliiga - 19. Spieltag 2014 | ||
Tore: 1 : 0 Elysee Kouadio (40.) 2 : 0 Elysee Kouadio (49.) 3 : 0 Elysee Kouadio (51.) 4 : 0 Deniss Malov (73.) 5 : 0 Elysee Kouadio (89.) |
||
Am Sonntag, meinem zweiten Tag in Tallinn, nahm ich
mir vor, die Innenstadt hinter mir zu lassen und die Küstenlinie entlang
von Westen bis Osten zu erkunden. Das Wetter war hierfür, wie schon am
Vortag, ideal. Morgens war es etwas bewölkt und sehr mild bis zur
Mittagszeit die Wolken verschwanden und die Sonne gut knallte. Nahe der
Tallinner Stadthalle ließ ich mich dann fast den gesamten Vormittag über
nieder und las entspannt einige Stunden, während die Wellen gegen den
Quay schlugen. Im Anschluss ging es dann auf das Dach der besagten
Stadthalle, die zwar so langsam verfällt, aber nichtsdestotrotz einen
guten Blick über Hafen und Ostsee bietet. Wenn man den mächtigen
sozialistischen Bau so sieht, ist es kaum vorstellbar, dass im Inneren
noch ernsthaft professionell Eishockey gespielt wird. Der benachbarte
Fährhafen verbindet die estnische Hauptstadt unter anderem mit Helsinki
und Stockholm. Vor allem die Finnen nutzen die kurze Überfahrt intensiv,
um den hohen Alkoholpreisen im Inland zu entfliehen und sich im
vergleichsweise günstigen Tallinn die Birne vollzuhauen. Nicht selten
sieht man in der Innenstadt komplett fertige Finnen, die mitten auf der
Straße ihren Kater ausschlafen oder einfach nur marodierend durch die
Gassen ziehen. Tallinn ist für die Finnen somit das, was Mallorca für
uns Deutsche ist. Für die Finnen sicher lustig, die Esten haben durch
diesen Umstand jedoch eine starke Ablehnung gegen die Finnen entwickelt.
Nachdem ich den Fährhafen passiert hatte, ging es mit den Füßen im Meer
die Sandküste entlang bis
auf Höhe des gigantischen Sowjetischen Ehrenmals Maarjamäe. Fast in der
unmittelbaren Nachbarschaft des Ehrenmals liegt der größte
Veranstaltungsort Tallinns. Nein, kein Stadion, keine Halle – eine
Wiese, die ca. alle fünf Jahre das Talllinner Song Festival beheimatet,
zu dem sich bis zu 30.000 Leute auf der Sängerwiese versammeln. Das
Festival 2014 verpasste ich um eine Woche, sodass die Abbauarbeiten noch
im vollen Gange waren. Abermals hatte ich somit viel gesehen und habe
einige Kilometer geschrubbt, bevor es zurück ins Hostel ging, wo ich
wieder Zeit für ein Power Nap fand, ehe ich mich auf den Weg zur
Sportland Arena machte. Die Sportland Arena ist indes nicht mehr als ein
Kunstrasenplatz im Schatten des Nationalstadions, welches ich am
Folgetag besuchen wollte. Immerhin weist der besagte Kunstrasenplatz
einen kleinen fünfstufigen Ausbau an einer Längsseite auf, auf dem bis
zu 500 Leute Platz finden. Nicht schick, aber allemal ausreichend für
den estnischen Ligabetrieb. Als erster Besucher an diesem Abend enterte
ich den Ground und schoss einige Fotos. Währenddessen trug mir ein
freundlicher Ordner mein Ticket hinterher, welches ich zwar bereits
bezahlt, aber auf Grund meiner frühen Ankunft (eine Stunde vor
Spielbeginn) noch nicht erhalten hatte. Der Ground riss einen mit seiner
Stahlrohrtribüne und dem, vor dieser gespannten, Fangnetz wirklich nicht
vom Hocker. Vor allem der Sinn des Fangnetzes an einer Längsseite des
Spielfelds wollte sich mir nicht so ganz erschließen. Aber egal, Fußball
wurde trotzdem gespielt. Der noch recht junge Hauptstadtklub FC Infonet
empfing Tallina Kalev, zu einem der vielen Tallinner Stadtderbys in
Estlands Meistriliiga. Die Hausherren waren hierbei klarer Favorit,
empfing man doch den Tabellenneunten und somit Vorletzten der
zweigeteilten Liga. Die Mannschaften auf Platz eins (FC Flora) bis fünf
(FC Infonet) liegen recht nah beieinander, dann folgt jedoch ein Sprung
von 14 Punkten zum Sechstplatzierten. Das Spiel auf dem wirklich schönen
Kunstrasen sollte dabei ähnlich einseitig ablaufen wie die Partie am
Vortag. Infonet war klar besser und ließ dem Gegner kaum Luft zum Atmen.
Unglücklicherweise scheiterte man im Aufbauspiel immer wieder an kleinen
Missverständnissen, sodass die gute Arbeit erst kurz vor der Pause
belohnt wurde. Der Top-Torjäger der Hausherren von der Elfenbeinküste,
Elysee Kouadio, traf in der 40. Minute zum längst überfälligen
Führungstreffer. Das 1:0 bedeute zugleich den Pausenstand. Bis zum
Halbzeitpfiff hatten die Gäste weder einen Ballkontakt im gegnerischen
Strafraum, noch einen Torschuss aufzubieten. In der Pause gönnte ich mir dann den scheinbar
typischen estnischen Stadionsnack. Da man Bratwurst oder ähnliches
vergeblich suchte, aß ich also ölig gebratene Brotstücken, die zwar
geschmacklich nicht der Bringer waren, einen aber zumindest unglaublich
sättigten. Angetrieben von ihrem grauhaarigen Spielmacher entschieden
die Hausherren im zweiten Durchgang früh die Partie. In Minute 49 und 51
war abermals Kouadio zur Stelle und traf nach einer schönen Hereingabe
zuerst per Fuß und später nach einer Ecke per Kopf. Die hübsche
Stadionsprecherin hatte nun alle Hände voll zu tun und konnte im
Anschluss zwei weitere Tore für Infonet verkünden. Insbesondere der
Treffer zum 4:0 war mehr als sehenswert. Dennis Malov nahm den Ball im
Drehen an und nagelte ihn humorlos in die Maschen. Es folgte ein Konter,
den Kouadio kurz vor dem Schlusspfiff zum 5:0 vollendete und somit einen
Viererpark schnürte. Paradoxerweise waren die Gäste in Halbzeit zwei
aktiver, fingen sich jedoch in 45 Minuten vier Toren und verloren in der
Nachspielzeit einen Spieler, der nach einer Notbremse die rote Karte
sah. Den Abend ließ ich dann auf dem Tallinner Freiheitsplatz beim
Public Viewing des WM-Finales ausklingen. Hierbei hatte nicht nur die
Nationalelf Erfolg, auch ich konnte als Deutscher nette Bekanntschaften
knüpfen, sodass auch der zweite Tag in Tallinn mit Sicherheit in
positiver Erinnerung bleibt. |
||
< Spiel zurück | Spiele 2014 | Spiel vor > |