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Seit dem Bundesligaaufstieg 1971 spielt der
VfL Bochum immer erst- oder zweitklassig. Lange Jahre galt der
VfL gar als „unabsteigbar“ ehe man sich in den 90er-Jahren als
Fahrstuhlclub etablierte und nun in seiner mittlerweile achten
Saison im Unterhaus eine gewisse Stabilität aufweisen kann. Als
gefühlter Erstligist giert man noch immer nach der Bundesliga,
während man im trostlosen Ligaalltag schweren Zeiten gegenüber
steht. Irgendwie passte also der Regen am Montagabend zur
Grundstimmung rund um das Ruhrstadion. Während die Zufahrtswege
ungewohnt verwaist waren, hörte man in der Ferne die Böller der
Gästefans aus Bielefeld sowie die Durchsagen der Polizei. An der
Castroper Straße angekommen begrüßten einen abermals etliche
Cops, ehe ich mich mit Daniel am Stadioneingang traf. Im
gesamten Stadion, wie auch im Gästeblock, war ein deutlicher
Zuschauerschwund gegenüber dem Duell mit dem MSV erkennbar, der
sich auch in der offiziellen Zuschauerzahl wiederspiegelte.
Zu meinem Erstaunen legten die Hausherren
im Duell mit den Bielefeldern gut los und animierten die
unzufriedene Anhängerschaft zu einem stattlichen Support.
Nachdem die Gästekurve ihr 12-minütiges Schweigen unterbrochen
hatte und auch die „Lokal Crew“-Zaunfahne nach mehreren
Versuchen am vermeintlich besten Platz hing, hatte man richtige
Fußballstimmung. Mit der Zeit verfestigte sich jedoch ein
gewisses Deja Vu-Erlebnis. Der DSC spielte, wie der MSV sechs
Tage zuvor, in den gewöhnungsbedürftigen roten Ausweichtrikots
und fand mit der Zeit immer besser ins Spiel. Auch die
Kräfteverhältnisse auf den Rängen waren nun klar abgesteckt. Mir
gefiel der Auftritt des zwar zahlenmäßig unterlegenen aber
einheitlich in schwarz gekleideten Gästemobs besser als der eher
durchschnittliche Support der Zebras. Die Kicker des VfL waren
an diesem Montagabend bemüht und mit Sicherheit nicht
unterlegen. In den entscheidenden Momenten fehlten jedoch das
Selbstbewusstsein, die Kreativität und vielfach schlichtweg die
Klasse. Fairerweise traf dies auch auf die Bielefelder Gäste zu.
Die erste Halbzeit hatte somit zwar einige Chancen zu bieten -
mehr aber auch nicht. Die langsam in die Glieder ziehende Kälte
überwog somit eindeutig den wenig erwärmenden Charakter des
Spiels.
Die zweite Halbzeit startete mit einer
sehenswerten Pyro-Show der Gäste, die ganz klassisch unter einer
kleinen Blockfahne vorbereitet wurde. Ein bisschen Feuer
wünschten wir uns auch für die kommenden 45 Minuten. Es würde
derzeit jedoch einfach nicht ins Konzept passen, wenn der VfL
das heutige Duell (wie auch immer) gewonnen hätte. Die
Grundstimmung im Verein ist so negativ, dass die folgende
Niederlage keine Erklärungen benötigt. Ein vielleicht etwas
ungeschicktes, aber normalerweise auch nicht spielentscheidendes
Foul der blutjungen S04-Leihgabe Hemmerich hatte einen Freistoß
aus bester Lage zur Folge, den DSC-Zauberfuß Hartherz nach 68
Minuten in den Winkel packte. Wenn selbst der gestandene
VfL-Verteidiger Patrick Fabian in seiner „Wutrede“ nach der
Partie davon spricht, dass man das ganze Chaos im Verein nicht
einfach ausblenden kann, ist es leicht zu erahnen wie es im Kopf
des 19-jährigen Hemmerich rattert. So wie sich der VfL Bochum
derzeit präsentiert, tut er sich und vor allem seiner eigentlich
leidensfähigen Anhängerschaft sicherlich keinen Gefallen. Gegen
Spielende schlug dementsprechend auch die Stimmung auf den
Rängen um. Ich fühlte mich ehrlich gesagt ein bisschen wie ein
Katastrophentourist, der ein Erdbebengebiet besucht oder ins
Auge eines Tornados fliegt.
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