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Der Kampf um die beiden Aufstiegsplätze der
Oberliga Westfalen in Richtung Regionalliga West ist in diesem
Jahr besonders heiß und spannend. Insgesamt beantragten im Laufe
der Rückrunde neun Teams der Liga eine Lizenz für die attraktive
West-Liga, in der Hochkaräter wie Aachen, Essen oder Oberhausen
warten würden. Fünf Spiele vor Ende der Saison haben noch fünf
Mannschaften berechtigte Aufstiegschancen. Auf 25 Partien
hochgerechnet, streiten sich somit noch der ASC Dortmund (53
Punkte), Lippstadt 08 (50), TuS Haltern (48), Kaan-Marienborn
und die Hammer SpVg (beide 47) um die begehrten Plätze an der
Sonne. Am Mittwochabend trafen in mehreren Nachholspielen unter
anderem Dortmund und Hamm, mit besserem Ende für den
Spitzenreiter, sowie RW Ahlen und Lippstadt aufeinander. Ich
wählte die Begegnung in westfälisch münsterländischen Ahlen für
eine kurze Tour mit der Regionalbahn. Am Zielbahnhof spuckte
mich der Pendlerzug aus und entließ mich in die
50.000-Einwohner-Stadt, deren besten Zeiten nicht nur
fußballerisch hinter ihr liegen.
Bei meinem ersten und letzten Besuch vor
sieben Jahren im Wersestadion spielten die Rot-Weißen in ihrer
einzigen Drittligaspielzeit gegen Bayern Münchens Amateure. Am
Ende der Spielzeit 2010/2011 verabschiedete sich der ehemalige
Zweitligist nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorerst
aus dem Profifußball. Mit dem SV Lippstadt 08 hatte Ahlen heute
einen ernstzunehmenden Anwärter auf den Regionalligaaufstieg zu
Gast, während man selbst eher besorgt Richtung Tabellenkeller
gucken muss. Am Ende des kurzen Fußwegs zum Stadion begrüßte
einen der Stadion-DJ in Hördistanz mit lauten
Max-Giesinger-Songs, die mich fast zum Umkehren bewegten. Leicht
angeschossen durch das musikalische Vergehen landete ich
sogleich unabsichtlich im Gästeblock. Das war jedoch halb so
wild, da man von hier einen ganz netten Blick auf beide Kurven
hatte. Beide Fanszenen waren mit jeweils ca. 40 lautstarken
Anhängern gut vertreten. Eine Anekdote, an die ich mich
sicherlich noch etwas erinnern werde, lieferte der Imbiss im
Gästeblock. Dieser servierte die Bratwurst auf einer Serviette
mit einem Toastbrot – ohne Brötchen oder wenigstens Pappe. Auf
Nachfrage offenbarte man, nicht wirklich vorbereitet gewesen zu
sein. Nicht vorbereitet aus was? Das Stattfinden eines
Fußballspiels? Den Hunger der Spielbesucher? Oder die
Erwartungen der Kundschaft an ein würdevolles
Stadionwurst-Erlebnis?
Zumindest die Aktiven der Heimelf (die in
überraschenderweise in blau-weiß spielte) waren auf den heutigen
Abend vorbereitet. Beim 1:0 durch Abdallah agierte der Favorit
aus Lippstadt ganz schwach und ließ sich schier überrumpeln
(5.). Nach 45 Minuten war mir jedoch klar, dass ich heute auf
der Siegerseite stand. So muss man sich als Bayern-Fan fühlen.
„Mein“ Spielverein überrollte in der Folgezeit den RWA und
schenkte den völlig überforderten Hausherren vier Treffer in 35
Minuten ein. Das ging viel zu einfach und warf kein gutes Licht
auf die Oberliga-Tauglichkeit der Ahlener Defensive. Im zweiten
Durchgang schalteten die Gäste einen Gang runter und konnten
Nieddus schönen Treffer zum 2:4 recht sorgenfrei bestaunen
(50.). Dem Linksfuß gelang aus 20 Metern ein wahrhafter
Kunstschuss, der oben rechts im Winkel einschlug. Zeitgleich mit
dem „Anschlusstreffer“ brannten die Heimfans ein stattliches
Feuerwerk im Block ab. Ein so großes Missverhältnis zwischen
Rauch und Ultras habe ich bisher noch nicht gesehen. Das Stadion
war für einige Minuten in dichten Nebel gehüllt, als hätte eine
5.000-Mann-Kurve zur Pyro-Party gerufen. Nach einer kurzen
Unterbrechung endete ein Spiel mit vielen Highlights
schlussendlich verdient mit 5:2 für die Gäste und übertraf meine
Erwartungen an diesen Abend um ein Vielfaches.
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