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In den vergangenen Spielzeiten war Werder
Bremen zumeist ein Team, gegen das man bei normalem Spielverlauf
mindestens drei bis vier Tore erzielen konnte. Die Hanseaten
spielten fast ausnahmslos mit offenem Visier und waren hinten
löchrig wie ein Schweizer Käse. Kombiniert mit schlechten Hütern
in der Nach-Wiese-Ära reichten die paar Siege und die vielen
hohen Niederlagen jedoch immer irgendwie zum Klassenerhalt. In
dieser Saison liest sich der Bremer Kader gar nicht schlecht.
Der Trainer formt das teilweise namhafte Spielermaterial vom
starken Rückhalt Pavlenka im Werder-Tor bis zum
Teilzeit-Alt-Star Pizarro in der Spitze zu einem
ernstzunehmenden Anwärter auf die internationalen Plätze. Damit
wurschtelt die wiedererstarkte Truppe von der Weser die
Machtverhältnisse ganz gut durcheinander. Trotzdem fand ich die
Fragestellung zum „Reviersport“-Podcast, ob Bremen „eine Nummer
zu groß für den S04 sei“ etwas übertrieben. Schließlich gewann
der S04 während unseres Aufenthalts in Kanada und den USA die
letzten drei Pflichtspiele und befand sich somit wieder in der
Spur. Dementsprechend selbstbewusst freute ich mich auf das
Heimspiel am Samstagabend, das ich mit Alex und Steven verfolgen
sollte.
Nachdem wir uns fürstlich gestärkt und den
NK-Kalender eingesackt hatten, machten wir uns in N1 breit. Hier
waren wir mal wieder unter den ersten Nasen, die, am
Wellenbrecher gelehnt, der Partie entgegenfiebern sollten. Nach
dem Aufwärmprogramm unserer Knappen gab es jedoch den ersten
Schreck, als der Quatscher Ralles Leistenverletzung verkündete,
die nach 117 Bundesliga-Spielen in Folge mit ihm als Starter,
Ersatzkeeper Alex Nübel sein unerwartetes Debüt in der ersten
Elf bescherte. Ich sorgte mich jedoch wenig über den Wechsel im
Kasten, da mit Nübel zweifelsohne eines der größten deutschen
Talente auf der Torwart-Position zwischen den Pfosten stehen
sollte. So viel sollte der Gute im Spielverlauf auch gar nicht
aufs Tor bekommen. Nach einer schwachen, weil kaum sichtbaren,
Pyro-Aktion der 5.000 Werder-Fans zum Anpfiff hatten nämlich die
Hausherren das Heft in der Hand. Der Ballbesitz und die
Kontrolle waren also da, was fehlte war der Witz und die
Durchschlagskraft in der Vorwärtsbewegung. So kam es, dass die
Gäste ihre einzige Chance kurz vor der Halbzeit durch Maximiliam
Eggestein zur Führung nutzten (43.). So ein Tor kann man sich
ohne Frage fangen, die Entstehung war etwas glücklich und der
Torschütze eiskalt. Dass Mendyls Blutgrätsche gegen Gebre
Selassi an der eigenen Eckfahne das einzige Highlight der
Knappen war, ist jedoch traurig.
Mit der Einwechslung Uths nach der Pause
kam neuer Schwung ins eingeschlafenen Schalker Spiel, das vorne
leider weiterhin jede Durchschlagskraft vermissen ließ.
Burgstallers Großchanche, die Pavlenka vereitelte, war da die
Ausnahme und zudem ein Zufallsprodukt. Werder konnte indes ohne
Geleit durch Schalkes Strafraum dribbeln ohne wirklich gestört
zu werden. Einen dieser Spaziergänge, den sich Bentaleb aus
sicherer Entfernung anguckte, nutzte abermals Eggestein zum 2:0
(66.). Das war so einfach, dass Steven den Gegentreffer bereits
in der Entstehung fachmännisch voraussagte. Man kennt halt seine
Pappenheimer. Diese schwammen hinten immer wieder und die Stärke
bei eigenen Standards scheint komplett verloren gegangen zu
sein. So glaubte man nicht mehr an eine Wende, da man nicht so
richtig wusste wer aus dem eigentlich homogen-hochwertigen Kader
das Ruder rumreißen sollte. So verließ uns irgendwann die Lust
und wir gehörten zu den tausenden Fans, die bereits vor dem
Abpfiff wieder in ihren Autos saßen. Es ist derzeit auch ein
Krampf.
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