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Als "stille Feiertage" gelten nach dem
Feiertagsschutzgesetz der Karfreitag, Allerheiligen,
Volkstrauertag und der Totensonntag. An diesen Tagen soll es
noch ruhiger zugehen als an ganz normalen Sonn- und Feiertagen.
In Nordrhein-Westfalen wird das oft praktizierte Musik- und
Tanzverbot am Totensonntag jedoch auch auf den Fußballsport
erweitert. Warum auch immer dürfen die über NRW wachenden Toten
am Sonntag vor dem ersten Advent also nicht der schönsten
Nebensache der Welt frönen. Abgesehen vom Heimspiel der Borussia
aus Mönchengladbach gab es also landesweit kein einziges Spiel
zu besuchen. Grund genug mich außerhalb der Landesgrenzen
umzusehen und direkt hinter der Grenze zu Niedersachsen fündig
zu werden. Hier wartete der SC Spelle-Venhaus, etwas nördlich
von Rheine gelegen, schon lange Zeit auf meinen Besuch. Somit
ging es für mich am Totensonntag Richtung Norden, wo ich das
Stadion Venhauser Straße eine halbe Stunde vor Spielbeginn
erreichte. Das genügte auch allemal, da das Wetter an diesem
Herbsttag bereits Winter spielte. Für einen wirklich schmalen
Taler gab es Einlass auf dem Sportplatz, der auf einer
Längsseite sogar einen stattlichen Ausbau aufweisen konnte. Die
wirklich grandiose Infrastruktur mit zahlreichen Parkplätzen,
dem gepflegten Hauptplatz und etlichen Trainingsplätzen ist
durchaus angemessen für einen Club, der seit einigen Jahrzehnten
ziemlich konstant fünftklassig spielt.
Der heutige Gegner Eintracht Northeim
möchte diese fünftklassige Oberliga gerne nach oben verlassen
und reiste als Tabellenführer der Oberliga Niedersachsen nach
Spelle. Dementsprechend ehrfürchtig begrüßte der Stadionsprecher
die Mannschaft des Spitzenreiters und schmierte den Gästen
reichlich Honig ums Maul, während ich mich über meinem
Sportplatzteller (Pommes und Currywurst) hermachte. Die Spieler
der Eintracht nahmen diese Komplimente gerne an und freuten sich
über die Kommentare aus den Lautsprechern. Auf dem Platz sollte
es weniger freundlich und gemütlich ablaufen für die Northeimer.
Beide Teams begegneten sich, nach einer kleinen Choreo der
Speller Fans zum Einlaufen, in der Anfangsphase auf Augenhöhe
und erspielten sich einige Chancen, die das torlose Remis in der
ersten Hälfte wie ein Wunder wirken ließen. Hüben wie drüben
fehlte vor dem Tor jedoch noch die nötige Kaltschnäuzigkeit.
Mich überraschte es durchaus, dass die stark aufspielenden
Hausherren dem Spitzenreiter souverän Paroli boten. Spelles Wald
hatte mit einem Lattentreffer aus über 30 Metern sogar die beste
Chance bis dato. In der Nachspielzeit des ersten Durchgangs
durfte sich Wald dann aus elf Metern versuchen. Ein Northeimer
warf sich zuvor in einen Schuss, verursachte den Elfmeter und
kassierte zugleich einen Platzverweis. Da Wald traf, erwischte
den Spitzenreiter mit dem Pausenpfiff der denkbar größte
Nackenschlag.
In der Pause begaben sich die meisten der
300 Zuschauer in Richtung des Verpflegungshäuschens, das heute
gratis Glühwein feilbot. In der äußersten südwestlichen Ecke
Niedersachsens ließ man sich durchaus etwas einfallen, um das
oft müde und faule Volk auf den Sportplatz zu locken. Bisher hat
es sich für die Besucher jedenfalls mehr als gelohnt. Und es
wurde noch besser. Aus einer stabilen und kontrollierten
Defensive konzentrierte sich die Heimelf trotz der Überzahl
weitestgehend aufs Kontern. Northeims Schnapper Strüber hatte
trotzdem viel zu tun und verhinderte, mehrmals auf sich allein
gestellt, das längst überfällige 2:0. Dieses fiel dann, für
Strüber unhaltbar, in der 64. Minute. Ich machte mich indes auf
den Weg zu Thomas, der nicht weit entfernt mit der Aussicht auf
eine warme Stube und ein Bierchen lockte. Somit verpasste ich
das späte 3:0 und die wohl zahlreichen weiteren Chancen der
Hausherren. Dies störte mich nicht weiter, da mein Eindruck des
Grounds und der Atmosphäre sich bereits positiv verfestigt
hatte. Spelle ist auf jeden Fall einen Besuch wert!
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