|
Auf dem Weg zum zweiten Spiel des Tages bzw. zum dritten Spiel
unserer Tour kehrten wir kurz vor Brüssel in ein Cafe ein. Wer
von der Wirtschaft „In de Linde“ das erwartet, was man von einem
deutschen Cafe nun mal erwartet, wäre enttäuscht gewesen. Wir
hingegen waren begeistert von diesem kleinen Laden, der sich als
wirklich urige Eckkneipe aus einer anderen Zeit erwies.
Van Groeningens Meisterwerk „Die
Beschissenheit der Dinge“ hätte hier problemlos einen
Hauptdrehort finden können. Nur waren wir nicht in Brüssel um
Jupiler und Stella aus kleinen Gläsern zu trinken. Wir wollten
der anstehende Drittligapartie zwischen dem RWD Molenbeek und
dem Tabellenführer KVV Thes Sport beiwohnen. Was dritte Liga
heißt, sollte in diesem Fall so manchen Besuch in Belgiens
zweiter Liga in den Schatten stellen. Über allem schwebte
natürlich der Name Molenbeek. Ein Stadtteil den jeder
Nachrichten guckende Bürger mit den Pariser Anschlägen von 2015
verbindet. Während die 100.000-Einwohner-Gemeinde aus wenig
ruhmreichen Gründen in aller Munde war, spielt der RWDM unter
dem Radar.
Zweitens war da das Edmond-Machtens-Stadion, welches für den
Spielbetrieb im Amateurbereich eindeutig überdimensioniert ist.
Die zwei gammligen und mächtigen sich gegenüberliegenden
Tribünen beherbergen bis zu 15.000 Zuschauer. Die völlig
verranzten Toiletten erinnerten mich dabei eher an meine
Balkanreise als an eine Sanitäranlage in Mitteleuropa. Drittens
waren da die doch recht zahlreich angereisten Zuschauer, die
heimseitig unsere Tribüne bevölkerten und durchweg für Stimmung
sorgten, während auf der anderen Seite die Gästefans aus
Tessenderlo sangen und mit Pyrotechnik rumhantierten.
Schlussendlich war da das Spiel selbst, das uns noch lange in
Erinnerung bleiben wird. Hätten wir zuvor gewusst, was auf den
Treffer der Hausherren im ersten Angriff der Partie folgen
sollte, hätten wir uns sicher nicht so diebisch über ihn
gefreut. Im gefühlten Minutentakt prasselten die Highlights auf
uns ein. Dabei wechselten sich beide Teams artig ab. In der 16.
Minute rutschte Thes‘ Battista beim Schuss aus. Sein Ball wurde
mehr oder weniger freiwillig zum unhaltbaren und wunderschönen
Torschuss – 1:1. Molenbeek hatte weiterhin Bock und versiebte
zuerst eine Doppelchance, ehe die Gäste der forschen Heimelf
helfend unter die Arme griffen. Mit Köpfchen lenkte ein
Verteidiger des KVV eine Flanke von rechts ins kurze Eck des
eigenen Kastens (25.). Da staunte nicht nur der völlig
überrumpelte Keeper.
Die 2. Halbzeit fing mit einer deutlichen Verzögerung an.
Nachdem ein Krankenwagen am Kabinentrakt gesichtet wurde, war
keinem so richtig klar ob und wann es hier weitergehen würde.
Als es dann glücklicherweise weiter ging, waren beide Teams nur
noch zu zehnt. Eine nachträgliche Recherche ergab, dass sich
zwei Spieler auf dem Weg in die Katakomben dermaßen in die Haare
kriegten, dass dem Schiri nichts anderes übrig blieb, als den
roten Karton zwei Mal zu zücken. Beide Abwehrreihen waren nun
noch löchriger als zuvor. Auf den erneuten Ausgleich des
Tabellenführers (trockener Volleyschuss ins lange Eck, 52.)
folgte ein abermals absurder Treffer auf der Gegenseite. Eine
von mir spontan kritisierte kurze Ecke resultierte in einem
eigentlich ungefährlichen Kopfball, den sich der Hüter in
Volleyball-Manier ins eigene Gehäuse pritschte (60.). Hier war
was los. Nach einer Viertelstunde war das Spiel dann wieder
ausgeglichen. Ecke – Kopfball – Tor, Thes Sport war wieder da.
Den Schlusspunkt setzte Molenbeeks Bova vier Minuten vor dem
Ende mit einem super Solo vorbei an Allen inklusive dem Torwart.
Die anschließende Feier vor dem völlig euphorisierten Fanblock
kann sich jeder vorstellen.
|
|