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Mit ein paar Tagen Abstand probiere ich
möglichst ruhig über das vergangene Derby zu schreiben. Ein
Derby, das Schalkes katastrophale Saison retten oder zumindest
deren Grausamkeit etwas lindern sollte. Ein Derby, das letztlich
alles bot was man von einem Spiel dieser größer erwartet. Und
schlussendlich ein Derby, das die Guten für sich entschieden.
Vor dem Spiel der Spiele hätte ich jedoch keinen Pfifferling auf
den S04 gesetzt. Ich rechnete, wie so viele andere Knappen, mit
einer bitteren Niederlage. Ich verschwendete keinen ernsthaften
Gedanken an die Option, im Zeckentempel etwas zu holen und damit
dem Meisterschaftskandidaten aus der verbotenen Stadt mal so
richtig kräftig in die Suppe zu spucken. Stattdessen stieg ich
recht gleichgültig und verbittert zu Andre ins Auto. Noch mochte
Andres Zuversicht nicht auf mich abfärben. Das änderte sich dann
im Block, wo der Abscheu auf die Stadt und deren AG den Frust
übers eigene Team übertünchte. Der Pöbelmodus inklusive
absoluter Leidenschaft war aktiviert. Während sich Nobby Dickel
und ein paar Zehntausend weitere desillusionierte Gestalten zum
Dortmunder Statement-Song „You’ll never walk alone“
warmträllerten erstrahlte der Gästeblock in blauem Rauch.
Nachdem der Rauch verzogen war, begann das
Spiel für Königsblau alles andere als gut. Mario Götze eröffnete
die viel beachtete und live im Free TV übertragene Partie per
Kopf (sic!) mit dem 1:0-Führungstreffer für die schwach-gelbe
Brut (14.). Eigentlich war die Messe für Schalke 2018/19 zu
diesem Zeitpunkt gelesen. Einen Rückstand aufholen? Niemals!
Glücklicherweise holte uns Dortmunds verkapptes
Volleyball-Nachwuchstalent Weigl wenige Augenblicke später per
Handspiel im Strafraum und anschließendem Videobeweis
(Abschaffen!) zurück ins Spiel. Cali versenkte den Elfmeter und
legte zehn Minuten später einen Eckball für Sane auf, der per
Kopf die Schalker Führung besiegelte. Spätestens jetzt war im
Gästeblock die Hölle los. Hier wusste keiner mehr wo er wem in
den Armen liegt. Ein Jubel wie man ihn nur sehr selten erlebt.
Auf der anderen Seite guckten die Biene Majas doof aus der
Wäsche. Nach all dem Spott für uns und einer überheblichen
Aufwärm-Session der Spieler vor der Partie lag der Favorit trotz
80 Prozent Ballbesitz hinten. Der S04 rettete das 2:1 in die
Pause und läutete das große Zittern für Hälfte zwei ein.
Wie schon bei einigen Derbys zuvor
verhinderte die knappe Führung und die dadurch angespannte
Stimmungslage eine völlige Eskalation. Stattdessen supportete
man solide weiter und freute sich über den schweigsamen
Zahnpasta-Park. Dieser Samstag war jedoch so perfekt, dass man
nicht nur über Tore jubeln durfte. Nein, Marco Reus, seines
Zeichens nicht heller als die Nacht, säbelte den bärenstarken
Serdar leicht geistesgestört vor dem Sechzehner um und sah die
rote Karte. Als wäre das nicht genug, versenkte Cali den
fälligen Freistoß mustergültig (62.). Auch wenn Andre und ich
durch den Fahneneinsatz nur noch den Ball im Eck zappeln sahen,
fiel der Jubel abermals mehr als euphorisch aus. Nachdem sich
auch Dortmunds Wolf mit einem noch rüderen Foul an Serdar
verabschiedete, sollte der Drops eigentlich gelutscht sein. Elf
gegen neun. Stattdessen ließ man den BVB noch mal kommen und
fing sich durch Witsel den Anschlusstreffer. Da es aber lief wie
lange nicht mehr, stellte Embolo im Gegenzug mit einem schönen
Schuss ins lange Eck den alten Vorsprung wieder her. Was war
hier los? Mir schmerzte vom Jubel der komplette Körper. Ich war
ein Wrack. Ein glückliches Wrack. DERBYSIEGER!
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