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Lange blieb mein Zähler nicht bei 500
Grounds stehen. Es ging hier schließlich Schlag auf Schlag und
nach dem Jubiläumsbesuch in Rijnsburg fanden Daniel und ich uns
schnell im Auto wieder. Der Jahreszeit geschuldet dämmerte es
bereits, als wir endlich die Autobahn erreichten und uns der
Bundesligakonferenz widmeten. Nach dem tortechnisch eher
durchschnittlichen, live erlebten 1:2 lauschten wir gespannt dem
Torreigen aus der heimischen ersten Liga, wo Mainz in Leipzig
unter die Räder kam und die Bayern sich in Frankfurt bis auf die
Knochen blamierten. Währenddessen saßen wir zwar nicht wie Nico
Kovac auf dem Schleudersitz und sahen trotzdem die Uhr langsam
runter ticken. Keine zehn Minuten vor Spielbeginn der belgischen
Drittligapartie zwischen Olympic Charleroi und La Louvrie Centre
parkten wir für die zweite Begegnung des Tages in unmittelbarer
Stadionnähe. Das Stade de la Neuville steht, ebenso wie sein
großer Bruder, das Stade du Pays des Erstligisten Sporting, im
Zentrum der verruchten Bergbau-Stadt. Auch bei meinem zweiten
Besuch fühlte man sich in den dunklen Straßen nur bedingt wohl
und war froh, als man die Stadiontore passiert hatte. Aufgrund
der Sprachbarriere und der sowieso mäßigen Beschilderung dauerte
es jedoch ein paar Minuten, ehe wir den Eingang fanden.
Pünktlich zum Anpfiff standen wir dann auf
der großen und vor allem herrlich alten Stehtribüne hinter einem
der beiden Tore. Frischgebackene Eltern sind ja gerne mal und
wohl auch völlig zu Recht „schockverliebt“ in ihre Neugeborenen.
Wenn es so ein ähnliches Gefühl auch bei Stadien gibt und möge
der Vergleich auch noch so sehr hinken, hier konnte man sich
schon ganz gut schockverlieben. Somit ignorierten unsere Blicke
fast vollständig die ungewöhnliche und sehr personalintensive
Einlaufzeremonie, bevor der Ball dann endlich rollte. Zu unserer
Linken befand sich die vermeintlich modernste Tribüne, die
Gegengerade, auf deren Stufen unter anderem die Gäste aus dem
nahen la Louvrie Platz nahmen und hier und da ganz gut Rabatz
machten. Die gegenüberliegende Hintertortribüne war frei von
Zuschauern und wurde von örtlichen Werbeanzeigen „geschmückt“.
Ein weiteres Highlight befand sich dann rechts von uns. Die
englisch anmutende Haupttribüne beherbergte in seinem Bauch das
recht enge und gesellige Vereinsheim, das wir jedoch erst in der
Halbzeitpause besuchen sollten.
Nach den ersten Eindrücken führte uns der
Hunger zum einzigen Imbissstand des Stadions. Hier gab es dann
auch eine reichliche Speisenauswahl. Hamburger. Wahlweise mit
Senf, Ketchup oder anderen leckeren Saucen. Man gönnt sich ja
sonst auch alles und so hatte ich wenig später zwei der herrlich
fettigen Fleischbrötchen im Anschlag. Das Spiel zwischen den
beiden blutjungen Fusionsvereinen war zwar nicht wirklich
Magerkost, riss einen an diesem Abend aber auch nicht vom
Hocker. Die Atmosphäre dieses tollen Stücks belgischer
Stadiongeschichte übertünchte jedoch so manchen Fehler auf dem
Rasen. Zudem war zumindest das 1:0 für die Hausherren ein echter
Leckerbissen. Ein Freistoß hüpfte in bester Ping Pong-Manier
durch den Fünfmeterraum, ehe ein Unglücksvogel auf Seiten der
Gäste den Ball schlussendlich über die Torlinie bugsierte (30.).
Etwas geradliniger zeigten sich die Gäste bei ihrem Treffer, der
aus einem klassischen Tempogegenstoß kurz nach der Pause
resultierte. Im weiteren Verlauf hielt das Spiel keine weiteren
Überraschungen für uns bereit und so lag unser Fokus nun auf der
nicht zu unterschätzenden Heimfahrt, die erst einige Minuten
nach Mitternacht enden sollte.
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