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Die geplante Tour mit zwei Spielen in
Belgiens Süden kam für mich nur in Kombination mit einer
Übernachtung in Frage. So schlief ich nach der Partie in La
Louviere von Samstag auf Sonntag vor Ort und konnte mit einem
ausgiebigen Hotel-Frühstück in den Tag starten. Der erste Punkt
auf meiner To-See-Liste war die benachbarte Großstadt Charleroi,
ihres Zeichens größte Stadt der Wallonie. Nun war ich schon zwei
Mal zum Fußball in der Industriestadt und erwartete wirklich
nicht viel von meinem Sightseeing-Abenteuer. Nach eineinhalb
Stunden auf meiner selbst erarbeiteten Touri-Route war die
Ernüchterung jedoch trotzdem groß. Hier gab es also nichts zu
sehen, sodass ich mich nach einem kurzen Abstecher am Bergwerk
und Weltkulturerbe Bois du Cazier auf den Weg nach Dinant
machte. Dinant liegt an der Maas und bietet mit seinem Blick
über den Fluss auf Kirche, Berg und Festung eines der
bekanntesten und schönsten Postkartenmotive des Landes. So
machte auch ich mein Erinnerungsfoto, ehe der Fußball langsam in
den Vordergrund rückte. Nach einer weiteren Stunde Autofahrt
landete ich im belgisch-französisch-luxemburgischen Grenzgebiet.
Nachdem die Suche nach einer Friterie abermals völlig sinnlos
war, parkte ich bereits früh am Stadion des Zweitligisten und
hatte wenig später mein Ticket in der Hand.
Für freche 15 Euro durfte ich das Stade
Yvan Georges betreten und auf der Stehtribüne Platz nehmen.
Trotz einer mittlerweile immensen Erfahrung was Ticketpreise
angeht, erlebt man hier und da so manche Überraschung. Das
Wichtigste vorweg, auch hier gab es kein ernsthaftes
Verpflegungsangebot, da ich mich nicht in der Lage sah auf
Französisch zuerst den Wertmünzenautomaten zu finden, Münzen zu
kaufen und diese dann in mehr oder weniger leckere Speisen
umzuwandeln. Somit blieb mir bis zum Spielbeginn nur der Blick
auf den Ground und auf mein Handy. Das Stadion ist klein und
kuschelig und hat einen großen Anteil an Stehplätzen. Mein
Telefon offenbarte mir derweil die Ausgangslage. Virton beendete
die erste Hälfte der Saison als Zweiter, die Gäste aus Roeselare
als Vorletzter. Die acht Mannschaften der zweiten belgischen
Liga starten nun in den zweiten Saisonabschnitt. In dem völlig
verrückten System mit Aufstieg, Abstieg und der Möglichkeit zur
Europa-League-Qualifikation, ist wirklich alles möglich. Soll
mal jemand die Belgier verstehen.
Ich konzentrierte mich wieder aufs Hier und
Jetzt, das einiges zu bieten hatte. Da war zum Beispiel das
völlig undefinierbare Maskottchen, das immer mal wieder an
meinem Nachbarn vorbeilief, seinen Kopf etwas lüftete und an
dessen Bier nippte. Oder die Stadionmusik, die vier bis fünf
Lieder von Tina Turner, Bronski Beat und Co. in Dauerschleife zu
bieten hatte. Das Spiel selbst begann dann furios mit einem
Schuss von der Mittellinie, der den zu weit draußen stehenden
Keeper der Gäste überraschte, aber auf dem Tor landete. Das Pech
blieb der Heimelf treu und trat nun in Person des selbstsicheren
aber schlechten Schiris auf. Dieser verweigert dem REV zuerst
einen klaren Elfer (37.) und zeigte später bei einer wilden
Notbremse nur Gelb (42.). Tore konnte ich dann direkt nach der
Pause bestaunen. Eine grandiose Kombi der Hausherren endete auf
dem Kopf von Stelvio, dessen Abschluss immer länger wurde und
schlussendlich ins Eck trudelte (50.). Die verdiente Führung
hatte jedoch nur fünf Minuten Bestand. Roeselare glich mit einem
ebenfalls schönen Zusammenspiel aus und besorgte damit früh den
1:1-Endstand. Demnächst muss ich wohl die heutigen Gäste und den
letzten mir noch fehlenden Ground der Liga besuchen.
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