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Fast schon traditionell nutzte ich Schalkes
Auswärtsspiel bei der Berliner Hertha für eine Fahrt in die
Heimat. In den letzten zehn Jahren habe ich dort lediglich das
2:2 im März 2015 verpasst. Die Schalker Torschützen hießen
damals Leroy Sane und Joel Matip und mit Matija Nastasic stand
vor fünf Jahren nur ein Spieler auf dem Platz, der noch heute
das königsblaue Trikot trägt. Das sich die Zeiten dahingehend
ändern ist natürlich normal. Die diesjährige Terminierung kam
jedoch mit einem Deja-vu-Erlebnis um die Ecke. Auch 2019
spielten wir kurz nach dem Jahreswechsel an einem Freitagabend
in Berlin. Der Ablauf nach meiner Ankunft in der Hauptstadt
gestaltete sich ebenfalls ähnlich. Wir trafen uns in größerer
Runde in einem chinesischen Restaurant im Berliner Westen und
ich weigerte mich dort, die von Marc und Steffi empfohlene
Peking-Ente als Vorspeise zu bestellen. So oder so gingen wir in
Zeiten des Corona-Virus mit unserem Besuch ein größeres Risiko
ein, als es die Hertha im gesamten Spielverlauf tun sollte. Dazu
jedoch später mehr. Für uns stand zuerst die Bahnfahrt gen
Olympiastadion an. Dort angekommen herrschte bereits ein
munteres Treiben, das sich vornehmlich auf den Gästeblock
zubewegte. Im Stadionumlauf deckten wir uns mit den Motto-Schals
des heutigen Abends ein.
Nicht ohne Grund trugen die Schals gegen
den BSC die Aufschrift „Eingetragener Verein“. Die Alte Dame
versucht sich mit Lars Windhorst am nächsten Investor, der den
Hauptstadt-Club ganz groß machen will. Die triste Hertha soll
schleunigst zum Big City Club werden. Dafür installierte man
Grinse-Klinsi als Handlanger und verpflichtete im Winter Spieler
aus Sphären von denen der S04 derzeit nur träumen kann. Die
Aufbruchsstimmung ist riesig und so kamen tatsächlich 4.000 Fans
mehr ins Stadion als noch bei der gleichen Paarung im letzten
Jahr. Das Kräfteverhältnis unter den 47.000 Zuschauern war mit
grob geschätzt einem Viertel Gästefans jedoch schon
besorgniserregend. Aber das ist alles nichts Neues. So war es
schön zu sehen, dass Frank Zander an diesem Abend nicht gestützt
werden musste und die Ostkurve im Anschluss an seine Hymne hier
und da ein gutes Bild abgab. Wir nutzten indes die Schals und
einiges an Pyro für eine Choreo zum Einlauf beider Teams und
hofften inständig, dass wir noch lange von Investoren verschont
bleiben. Von uns gab es jedoch auch schon bessere Auftritte im
weiten und heute gar nicht mal so zugigen Rund.
Wer wollte es einem auch verübeln, bei dem,
was wir da geboten bekamen. Mit einigen Stunden Abstand kann ich
dem S04 gar keinen großen Vorwurf machen. Sicherlich dachte man,
dass der Big City Club auch richtig big aufspielen würde.
Stattdessen ließ Ex-Stürmer Klinsmann seine Mannen im besten
Catenaccio auftreten. Es war erschreckend, wie harm- und
ideenlos die Hausherren agierten. Ganz zu schweigen von den
vielen Verlegenheits- und Fehlpässen. Wie schon angedeutet,
waren meine Knappen nicht wirklich überzeugender und ließen
ihren Anhang ebenfalls des Öfteren verzweifeln. Trotzdem durfte
man bei diesem Gegner eigentlich nicht ohne drei Punkte nach
Hause fahren. Letztendlich trat jedoch genau dieser Fall ein.
Einige Kombinationen führten Schalke zwar vors Tor, doch dort
war es dann Neuzugang Gregoritsch der zwei Mal vergab. Kurz nach
der Pause hatte er mit einem Abseitspfiff Glück, da Gregerl
alleine vorm Torwart Nerven zeigte. Wenige Minuten vor Spielende
fehlte bei einem Kopfball nicht fiel. In der Nachbetrachtung
wurde oft Piateks Versuch in der Nachspielzeit erwähnt, der nur
knapp das Tor verfehlte. Diesen Nackenschlag wollte uns das
Schicksal dann jedoch glücklicherweise nicht antun. Torlos.
Überflüssig. Ärgerlich.
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