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Die Abfahrt nach Panevezys stellte mich vor
ungedachte Probleme. Ich wurde vor dem Ground in Kaunas
rotzfrech und klassisch zugeparkt. Nach hinten ging nichts und
so bretterte ich mit meinem Miet-Fiesta nach vorne über die
Bordsteinkante und kämpfte mich über den Gehweg in die Freiheit.
Mein nächstes Ziel, die nach Vilnius, Kaunas und Klaipeda
viertgrößte Stadt des Landes, war ab hier knapp 90 Minuten
entfernt. Diese vergingen auf der recht ereignislosen Route
nicht unbedingt wie im Flug und endeten mit einem netten
Zeitpuffer am städtischen Stadion. Der 1955 fertiggestellte Bau
sollte mein Highlight der Tour sein. Ein komplett ausgebautes
Stadion aus einer Zeit, in der noch eine gewisse Seele in den
Sportstätten steckte. Zum Glück wurde der Ground am heutigen
Samstagabend durch zwei kleine Fanszenen mit etwas Leben
gefüllt. Ich platzierte mich am Rand der Haupttribüne zwischen
den Gruppierungen und freute mich im kühlen Schatten der Tribüne
auf die Begegnung. Zuvor machte jedoch links von mir der ein
Dutzend Mann starke Gästeblock auf sich aufmerksam. Mit einer
tragbaren Box übertönte der Mob des FK Banga mit seiner
Vereinshymne die Lautstärke der örtlichen Musikanlage. Durchaus
lustig und so noch nicht erlebt. Da mussten selbst die Anhänger
des bisher erfolglosen Gastgebers schmunzeln. Dieser war mit den
Gästen zahlenmäßig ausgeglichen jedoch deutlich Jünger und
bestand komplett aus Schülern.
Während sich die Nachwuchsbande etwas
unbeholfen zwecks neuer Lieder austauschte, passierte auf dem
Rasen herzlich wenig. Beide Mannschaften sind nicht unbedingt
die Creme de la Creme des nur sechs Mannschaften starken
litauischen Oberhauses.
Soweit ich mich informieren konnte, ist diese Mini-Liga
sowohl der Corona-Krise als auch den regelmäßigen Insolvenzen,
Neugründungen und Fusionen im litauischen Profi-Fußball
geschuldet. Namen, Stadien und Teilnehmer wechseln hier gefühlt
häufiger als andernorts und verhindern es selbst dem
interessierten Beobachter (mir) sich einen gescheiten Überblick
zu verschaffen. Beim heutigen Spiel fiel mir das durchaus
leichter. Der Aufsteiger aus dem Westen tat sich beim Gastspiel
beim Tabellenschlusslicht schwer. Die Hausherren machten die
Sache besser und gingen nach 19 Minuten in Front. Ein Ball von
Seite rutschte durch die Verteidigungslinie und wurde vom
Empfänger des Passes überlegt ins kurze Eck geschoben. Den
Jugendlichen zu meiner Rechten diente eine Fackel als Zeichen
der Freude und erwärmte den Himmel, da eine Erhellung am frühen
Abend noch nicht wirklich möglich war. So wie das Tor, kam auch
der anschließende, bis zur Halbzeitpause andauernde, erneute
Leerlauf aus dem Nichts.
Nach 45 Minuten führten die Gastgeber somit
verdientermaßen mit 1:0. Trotz des Tores war hier das Stadion
und nicht das Spiel der Star. Nach dem Wiederanpfiff wurde es
langsam besser. Während Panevezys sich weitere Chancen
erarbeitete, probierte ich aus dem Catering schlau zu werden.
Dieses bestand aus Bier und dem klassischen baltischen
gerösteten Brot. Für mich als baldiger Fahrer nicht ganz so
angebracht. Also ging es flott zurück auf die Tribüne, wo der
Gast nach 53 Minuten seine erste Chance des Spiels verbuchen
konnte. Einige Minuten später verschwand der kleine Gästeblock
im Rauch. Warum? Spaß an der Sache, Lagerräumung, Verzweiflung –
ich weiß es nicht. Ich tippe mal auf Letzteres gepaart mit einer
leisen Vorahnung, denn fünf Minuten nach der Pyro-Einlage pfiff
der Referee einen Foulelfmeter gegen Banga, den Panevezys locker
verwandelte und somit zum 2:0 nutzte. Die Überraschung lag in
der Luft und ich freute mich schon jetzt, ein besseres Spiels
als noch am frühen Nachmittag zu sehen. Ein echtes Aufbäumen der
Gastmannschaft hätte das Ganze noch schöner gemacht, blieb
jedoch aus. Stattdessen wurde auf der anderen Seite munter
gekontert. Dem FK Banga gelang zwar nach einer Ecke der
Anschlusstreffer in der Nachspielzeit, das war es dann jedoch
auch an diesem Abend. Ich machte mich auf den Weg zurück zum
Startpunkt meiner kleinen Reise und verbrachte die Nacht im
Flughafenhotel. Ich habe das Reisen und den Fußball vermisst,
werde mich aber mit der nächsten längeren Pause abfinden können
und müssen.
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