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Es war nicht wirklich Katerstimmung, die
nach der herben Klatsche der Schalker Profis zum Saisonauftakt
in München am Berger Feld vorherrschte. Nach drölfzig
Niederlagen in der vergangenen Rückrunde war man Frust gewohnt,
sodass man es am Samstagnachmittag meist mit Galgenhumor und
Sarkasmus zu tun bekam. Die meisten Zuschauer, die sich an
diesem brutal sonnigen Spätsommertag am neuen alten Parkstadion
einfanden freuten sich auf das erste Pflichtspiel in der
altehrwürdigen ehemaligen Spielstätte der Eurofighter, Meister
der Herzen und Co. Die aus Erinnerungen entsprungenen Gedanken
waren somit weit weg von der Trümmertruppe von heute, die sich
munter in allen Teilen des Landes abschießen lässt. Da heute die
gut in die Regionalliga-Saison gestartete Schalker U23 den
Meister des Vorjahres, den SV Rödinghausen, zum Tanz einlud,
konnte man zumindest auf ein Spiel auf Augenhöhe hoffen. Nachdem
man im Sommer auf den wohlverdienten Aufstieg in die 3. Liga
verzichtete und dem SC Verl den Vorzug ließ, ist in dieser
Saison nicht mit einem Durchmarsch der Ostwestfalen zu rechnen.
Andre, Alex und ich sicherten uns im
Vorverkauf Karten für die Partie der Amateure. Ich rechnete nach
der hohen Nachfrage bei den Testspielen der Profis gegen Verl,
Uerdingen und Bochum mit vielen Interessenten und überschätzte
scheinbar den Hunger auf königsblauen Pflichtspielfußball der
Anhänger. Stattdessen fanden mehr als 60 der 300 verfügbaren
Tickets keine Abnehmer, was wohl auch daran lag, dass viele
Interessierte mitunter dachten man wäre eh ausverkauft. So
verteilten sich eben etwas weniger Menschen auf den Sitzbänken
der renovierten Gegengerade und ließen sich die Sonne auf den
Bauch scheinen. Bei Mantaplatte und alkoholfreiem Bier
bereiteten wir die letzten Monate auf und sahen wenig später
eine Schalker Mannschaft aufs Feld laufen, bei der mit
Profi-Kapitän Mascarell, Boujellab, Mercan, Bozdogan und
Taitague gleich fünf Spieler der Lizenzspielermannschaft von
Beginn an auf dem Platz standen. Grund genug um auch hier wieder
laut nach einer eigenen Liga für die Zweitvertretungen zu rufen.
Der Anfang des Spiels sah aus Schalker Sicht durchaus
vielversprechend aus. Man spielte durchaus sicher und kreativ
nach vorne und erinnerte somit irgendwie so gar nicht an den
ideenlosen und pomadigen „Angriffsfußball“ der Bundesligaelf.
Dementsprechend gab es so manchen Szenenapplaus und Mannschaft
und Fans fanden dementsprechend schnell zueinander. Während ich
nach einer Viertelstunde flüssigen Nachschub für unsere
ausgetrocknete kleine Gruppe besorgte, erzielte Boujellab unten
auf dem Rasen das 1:0. Auch wenn ich die Hände gerade voller
alkoholfreiem Bier hatte, kann ich mir durchaus vorstellen, wie
schön es sich angefühlt haben muss, endlich mal wieder im
Stadion für blau und weiß jubeln zu können.
Das Spiel blieb auch nach dem Türöffner
durchaus unterhaltsam. Rödinghausen war der erwartet solide,
aber augenscheinlich nicht mehr so dominierende Gegner wie noch
in der Vorsaison. Schalke agierte ballsicher, clever und zu
jeder Zeit vollends souverän, sodass man sich phasenweise recht
locker durch das Spiel kickte. Bei den Gästen setzte Mitte der
zweiten Halbzeit der Frust ein und der ein oder andere Schalker
Spieler flog über das stehen gelassene Bein seines Gegenübers.
Die küchenbauenden Dorfkicker selbst litten ihrerseits unter
akuter und hochgradig lächerlicher Fallsucht. Hierbei tat sich
vor allem der Möchtegern-Stürmer und Ex-Essener Enzo Wirtz
hervor, der sich schlussendlich sogar schmerzverzerrt die Hand
hielt, nachdem diese von einem Flankenball getroffen wurde. Der
Spaßfaktor auf der Tribüne stieg und es wurden ganze Salven von
Sprüchen gen Spielfeld gefeuert. Währenddessen entschied
Boujellab mit einem Foulelfmeter zehn Minuten vor Schluss die
Partie, die nach einigen Wechseln und spätestens mit dem Treffer
zum 2:0 wieder an Härte und Feuer verloren hatte. Ich hoffe für
mich folgen noch einige Partien mit und bei den Amas. Ich habe
wieder Blut geleckt.
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