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Auch mein siebter Stadionbesuch in dieser
Saison passt noch nicht wirklich in die Kategorie „Hopping“.
Abgesehen vom privaten Stress, hat mich die Lust auf Fahrten ins
mehr oder weniger Ungewisse noch immer nicht gepackt. Hier und
da hätte es bereits Möglichkeiten gegeben, ergriffen habe ich
diese jedoch noch nicht. Immerhin konnte ich mich halbspontan am
Freitagabend zum Besuch der Partie zwischen Westfalia Herne und
Wattenscheid 09 aufraffen. Das Duell mit Derby-Charakter
versprach ein wunderschönes Stadion, geringe Einlasshürden und
mindestens eine motivierte Fanszene. Zeitgleich mit dieser
erreichte ich den Eingang des Gästeblocks des Stadions an
Schloss, erklomm den Wall und erfreute mich am Stadionpanorama.
Die noch immer beeindruckend große Hütte der Westfalia war
bereits ganz stattlich gefüllt und das Verhältnis zwischen Heim-
und Gästefans hielt sich ungefähr die Waage. Die Umstände hätten
an diesem lauen Sommerabend kaum schöner sein können und boten
diesem traditionsreichen Duell einen würdigen Rahmen.
Mitte der 70er Jahre spielten beide Teams
noch in der zweiten Bundesliga Nord, ehe man eine zwar
unterschiedlich verlaufende, aber letztendlich ähnliche
Geschichte schrieb. Die SGW führte diese über die Bundesliga,
für Herne ging es zwischenzeitlich runter in die sechste Liga.
Beide treffen sich nun auch und vor allem aufgrund notorisch
klammer Kassen in der fünftklassigen Oberliga wieder. Vor allem
vor dem Hintergrund der finanziellen Not, konnte ich über die
Organisation vor Ort nur den Kopf schütteln. Knapp 600 hungrige
und durstige Fans aus Wattenscheid wurden von einem Bierwagen
und einem Wurststand begrüßt, die von je zwei fleißigen aber
überforderten Helfer/innen betrieben wurden. So entschied wohl
nicht nur ich mich gegen das Schlange stehen und blieb in meinem
Fall durstig zurück. Vielleicht sollte man sich bei der
Westfalia auf das wesentliche konzentrieren und seinen Fokus
nicht auf ständig wechselnde Stadionnamen und futuristische
Mannschaftsfotos legen.
Zumindest sportlich hatte die Elf von
Trainer Knappmann ihre Hausaufgaben gemacht. Nach einer
0:6-Klatsche zum Saisonauftakt gingen die Hausherren überraschen
mutig in die Partie und erzielten nach einem Eckball völlig
verdient das 1:0 (18.). Keine fünf Minuten später glichen die
Gäste aus und stellten das Spiel wieder „auf null“.
Währenddessen wusste die Stimmung zu überzeugen und wurde von
gegenseitiger Abneigung getragen. Die Fans von der Lohrheide
waren ultraorientiert organisiert unterwegs, während man auf
Herner Seite vornehmlich im Old Schhol-Modus pöbelte. Passend
dazu zeigte sich auch Hernes Coach und Enfant terrible von
seiner besten Seite. Der wohl berühmteste Oberliga Coach im
Westen hampelte an der Seitenlinie des Öfteren wie
Rumpelstilzchen und präsentierte sich als Jürgen Klopp für Arme.
Dem eigenen Anhang gefiel das gut und so blieb der Geräuschpegel
im weiten Rund konstant hoch. Im zweiten Durchgang sahen die
Zuschauer dann zwei weitere Tore und stolze sieben gelbe Karten.
Die in gewöhnungsbedürftigen pink spielenden Gäste nahmen das
Spiel nun erwartungsgemäß in die Hand und entschieden die Partie
durch Hönicke (54.) und Yildiz (72.). Sowohl die mitgereisten
Fans sowie die Spieler genossen den Torjubel in der Kurve
sichtlich und zelebrierten diese besonderen Momente, die allen
Akteuren so lange gefehlt haben. Mein Ausflug entlang der A42
hat sich auf allen Ebenen gelohnt und endete um halb zehn in
Duisburg.
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