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Der Dezember ist in der Oberliga die
absolute Hochzeit der Ausweich- und Kunstrasenplätze. Viele der
eigentlichen Grounds werden nun nicht mehr bespielt, sodass man
– egal was fussball.de sagt – erst gar nicht versuchen sollte,
einen Hauptplatz zu kreuzen, sofern es einen geeigneten
Nebenplatz gibt. Dabei kommt es durchaus selten vor, dass man
sich auf eine der alternativen Plätze freut oder diese bereits
auf seiner imaginären „Wunschliste“ stehen hatte.
So war das bei mir mit dem Sportpark in Ratingen, der
nach einem örtlichen Kloschüsselhersteller benannt ist. Ich
fackelte also nicht lang, als ich vom temporären und
witterungsbedingten Umzug der blau-gelben aus dem Stadion in der
Innenstadt an den Stadtrand hörte. Mein Glück wurde noch dadurch
verstärkt, dass mit dem ETB Schwarz-Weiß Essen ein namhafter
Verein zu Gast sein sollte, der zuverlässig einen Grundstock an
Pöbelwilligen im Gepäck hat. So stand ich an diesem
ungemütlichen Herbstsonntag nach kurzer Fahrt auf der
ausladenden Sportanlage mit ihren zwei Kunstrasenplätzen, einem
Bolzplatz, einem Hockeyfeld und einem geräumigen Bistro. Der
Hauptplatz der Anlage war zudem mit einer überdachten
Sitzplatztribüne geschmückt und das ganze Gebilde konnte einen
doch stark an niederländische Pendants in der Tweede Divisie
erinnern. Ich hatte Gefallen an den Umständen und freute mich
auf eine gute Partie zwischen zwei Teams auf ähnlichem Niveau.
Nach mehreren torreichen Partien war der
Druck auf die Begegnung zwischen Ratingen und dem ETB nicht
klein. Beide Teams rangieren im Mittelfeld der Oberliga
Niederrhein und kämpfen dort um eine Platzierung in der oberen
Tabellenhälfte, die zur Teilnahme an der Aufstiegsrunde
berechtigt. Da ich noch nicht wirklich die Energie gefunden
habe, mich mit den Corona-bedingten Änderungen im Spielbetrieb
zu beschäftigen, nahm ich diesen Umstand als gegeben hin und
hoffte auf dementsprechendes Engagement auf dem Platz. Von der
ersten Minute an ging es dann im Dauernieselregen heiß her.
Ratingens Trainer Hasenpflug lebte diese Partie schon fast
schmerzhaft und ließ mit seinem pausenlosen Rumgeschreie so
manche Hampelmänner im Profibereich wie Chorknaben aussehen. Das
Verhalten des Teamchefs war schon mehr als grenzwertig und ließ
auch die Gästebank nicht kalt. Bevor es knallte musste diese
jedoch zwei herbe Fehlentscheidungen der Offiziellen verkraften,
die die beiden vielversprechenden Angriffe des ETB
fälschlicherweise wegpfiffen. Bitter. Einige Minuten später
landete ein Freistoß der Ratinger zum 1:0 im Netz.
Wir schreiben erst die 15. Spielminute und
der rabenschwarze Tag der Gäste sollte seinen Lauf nehmen.
Ein harmloser und nur leicht übermotivierter Zweikampf
vor meinen Augen hatte zur Überraschung aller Beteiligten eine
Rote Karte für Schwarz-Weiß zur Folge. Ich glaube, selbst der
Gefoulte war sich des an ihm ausgeübten Nachtretens nicht
bewusst. In der Hitze des Gefechts erzürnte sich das Essener
Trainergespann nun
neben den Referees auch an Hasenpflug, der weiterhin wie vom
Teufel besessen innerhalb und außerhalb der Coachingzone seine
Stimmbänder am Rande der Belastungsgrenze reizte. Der Erfolg gab
ihm ja irgendwie Recht. Zwei weitere Treffer nach Standards
sowie eine schöne Kombination kurz vor dem Pausenpfiff
schraubten das Ergebnis nach 45 Minuten hoch auf 4:0. Einerseits
freute ich mich natürlich über die vielen Tore und haderte
nichtsdestotrotz selbst als neutraler Zuschauer mit den
Entscheidungen zu Ungunsten der Lackschuh-Kicker. Die einzig
verbleibende Spannung bot nun die Frage, ob die Essener den
Schaden begrenzen könnten oder ob die Klatsche noch heftiger
ausfallen würde. Für alles andere vielleicht Denkbare oder
Vorstellbare hätte auch mir auf Seiten der Gäste wohl Hoffnung
und Motivation gefehlt. Immerhin spielte man im zweiten
Durchgang ganz gut mit, hatte ein paar eigene Gelegenheiten und
ließ hinten nicht mehr viel zu. So kam Schwarz-Weiß
schlussendlich mit einem weiteren Gegentreffer und einem blauen
Auge davon. Erwartet hat man von diesem Auswärtsspiel sicherlich
trotzdem etwas ganz anderes.
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