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Zurück aus dem Baltikum verbrachte ich
einige Tage bei Mariano in der Heimat. Bevor es nach zwei Wochen
Urlaub in Österreich, der Slowakei, Lettland, Litauen und
Brandenburg zurück in den Pott ging, stand jedoch ein weiteres
Spiel inklusive neuem Ground auf dem Plan. Ziel für unseren
Sonntagsausflug war Seelow und erreichen wollten wir die Stadt
nahe der polnischen Grenze mit dem Rad. Trotz seiner nur 5.000
Einwohner ist Seelow vor allem geschichtsinteressierten Bürgern
ein Begriff. 1945, in den letzten Tagen des zweiten Weltkriegs,
war die Kleinstadt der Gefechtsort der letzten großen Schlacht
zwischen der Wehrmacht und der Roten Armee vor deren Einmarsch
in Berlin. Die fußballerische Bedeutung Seelows ist indes
deutlich geringer und basiert auf dem aktuellen Erfolg des SV
Victoria, der in den letzten Jahrzehnten doch recht regelmäßig
in der Oberliga kickt und kickte. Damit ist jedoch in naher
Zukunft vorerst Schluss, da Seelow als Vorletzter der
NOFV-Oberliga Nord den drohenden Abstieg kaum noch verhindern
kann. Mit dem starken Gast vom SC Staaken aus dem Westen Berlins
hatte man zudem einen scheinbar übermächtigen Gegner vor der
Brust.
Apropos vor der Brust. Unsere kleine
sportliche Reisegruppe, bestehend aus Alex, Matze, Mariano und
mir hatte immerhin gute 50 km auf dem Rad vor uns, ehe das Spiel
und die damit verbundene Belohnung auf uns wartete. Natürlich
machten wir uns bereits die Fahrt so angenehm wie möglich und
planten den ein oder anderen mit Hopfen und Malz unterlegten
Boxenstopp mit ein. Diese waren auch bitter nötig, da das
gewohnt vorbildliche ostdeutsche Radwegenetz zumindest in der
von uns befahrenen Region eher mäßig ausgebaut war. Gute 10
Kilometer vor dem Ziel gönnten wir uns eine längere Auszeit mit
Schnitzel und Fassbier, die so lang ausfiel, dass wir das
Oderbruchstadion etwas später als geplant erreichten.
Glücklicherweise war noch nichts passiert, als wir unsere Räder
am bereits geschlossenen Kassenhäuschen vorbei manövrierten und
folgerichtig zuallererst den Bierstand ansteuerten. Der Blick
ins vergleichsweise weite Rund belohnte ebenso wie das kühle
Bier für die Mühen. Gegenüber der ausladenden und unüberdachten
Haupttribüne mit ihren roten Sitzen ragen drei wunderschöne
Ost-Plattenbauten in die Höhe und bilden einen gelungenen Rahmen
für das Spielfeld. Mehr Schaulustige als erwartet nutzen die
Möglichkeit und verfolgten das Spiel von ihren Balkonen. Im
zweiten Durchgang bekamen sie dann auch einiges geboten.
Den Anfang machte standesgemäß der Gast aus
Berlin. Mit etwas Glück kratzte man den Ball von der Grundlinie
und beförderte ihn in den Fünfmeterraum, wo Gakpeto in der 55.
Spielminute zur Stelle war. Die Freude bei den handgezählten 24
blau-weißen Fans währte nur kurz, da die Hausherren bereits nach
fünf Minuten ausgleichen konnten. Kilisch nahm einen clever
gechippten Ball Volley und nagelte diesen kompromisslos in die
Maschen. Während wir interessiert den durchaus witzigen
Gesprächen und Kommentaren der Seelower Anhänger lauschten,
entwickelte sich die Partie jedoch zu deren Ungunsten. Mit einem
sehenswerten direkt verwandelten und flatternden Freistoß gingen
die Gäste nach 69 Minuten erneut in Führung. Von den
Kellerkindern des SV Victoria kam nun nicht mehr viel, sodass
Staaken sich munter zum 4:1-Sieg kombinierte (76. + 84.). So
schön Hinfahrt und Spiel sich auch gestalteten, so froh waren
wir über die Möglichkeit mit dem Rad zurück in Richtung Berliner
Stadtgrenze zu gurken.
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