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Am Morgen nach dem wilden Ritt in
Luckenwalde wachte ich mit einem schweren Kopf auf und brauchte
etwas länger um mein Wohlbefinden wiederherzustellen. An diesem
Samstag sollten immerhin zwei Grounds und Spiele auf dem Plan
stehen. Da sich die Wochenendplanung in meinem Umfeld
kurzfristig änderte, verstaute ich bereits um halb elf mein
Gepäck am Berliner Hauptbahnhof und hatte somit noch zweieinhalb
Stunden bis zum ersten Anpfiff des Tages zu überbrücken. Um 13
Uhr wartete die Partie zwischen Blau-Weiß 90 Berlin und Dynamo
Schwerin auf mich. Besser gesagt, die erste Hälfte dieser
Begegnung. Da eine Stunde später in nur wenigen Fahrminuten
Entfernung Tasmania Berlin ihr Heimspiel bestreiten sollte,
wollte ich die recht selten gezogene Karte des Halbzeit-Hoppings
ausspielen. Bevor es jedoch rund um die erwähnten Spiele
hektisch wurde, entschied ich mich, die Strecke zwischen dem
Hauptbahnhof und dem Volksparkstadion Mariendorf mehr oder
weniger gemütlich per pedes zurückzulegen. Die zehn Kilometer
lange und zwei Stunden in Anspruch nehmende Route führte mich
durch den Tiergarten, den Park am Gleisdreieck, vorbei am
Tempelhofer Feld und über den Tempelhofer Damm nach Mariendorf.
Das Volksparkstadion ist mit einer
Kapazität von knapp 10.000 Zuschauern das siebtgrößte Stadion
der Hauptstadt. Auch wenn nur noch die gut 2.000 überdachten
Sitzplätze genutzt werden, macht die Hütte wirklich was her. Als
Spielstätte für den ehemaligen Bundesligisten Blau-Weiß 90 und
dessen harten Kern ist sie jedenfalls bestens geeignet. Mitte
der 80er Jahre spielte der Hauptstadtklub kurz im Oberhaus und
danach bis zum Lizenzentzug und der anschließenden Insolvenz
1992 in der 2. Bundesliga. Hier kreuzten sich auch die Wege der
blau-weißen Berlinern und der blau-weißen Schalker auf denkbar
dramatische Weise. In der Saison 1988/89 konnte sich der spätere
UEFA-Cup Sieger kurz vor Saisonende durch ein 1:1 gegen die
Hauptstädter vor dem Abstieg in die drittklassige Oberliga
retten. Schalke gelang der Wiederaufbau und die Rückkehr in die
Beletage des deutschen Fußballs. Der damalige Gegner indes
gründete sich nach der Insolvenz ohne formalen Bezug zum
Vorgängerverein neu und kickt unter Trainer und Ex-Profi Marco
Gebhardt seit 2018 immerhin in der fünftklassigen Oberliga
Nordost-Nord.
Blau-Weiß ist mittlerweile ein etablierter
Oberligist und visiert in naher Zukunft den Aufstieg in die
Regionalliga an. Der heutige Gegner Dynamo Schwerin dürfte als
Aufsteiger eine andere Zielsetzung haben. Auch Dynamo
beansprucht als Nachfolgeverein des ehemaligen
Europapokalteilnehmers eine lange Geschichte für sich und
brachte einige Anhänger mit nach Berlin. Diese hatten nach zwölf
Minuten etwas überraschend Grund zu Feiern. Ein missglückter
Rückpass auf den Torwart der Heimelf wurde vom attackierenden
Schweriner abgefangen und aus nicht ganz einfachem Winkel
verwertet. Blau-Weiß war trotzdem standesgemäß das überlegene
Team und kam in der 42. Minute, ebenfalls aus spitzem Winkel zum
verdienten Ausgleich. Wenig später knallte Dynamo-Torschütze
Klingberg noch einen Distanzschuss dermaßen ans Alu, dass man
Angst hatte, das Tor fliegt aus der Verankerung. Glück für
Blau-Weiß, das mit dem Remis in die Pause ging und in den
zweiten 45 Minuten das Heft in die Hand nahm und klar und
deutlich mit 4:1 gewann. Mit dem Abpfiff des ersten Durchgangs
gesellte sich Tommy zu mir und mit dem Taxi ging es gen Norden
zum SV Tasmania Berlin, dessen Auftaktspiel wir wie geplant kurz
nach Anpfiff erreichten.
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