| Ab Mariendorf ging es für Tommy und mich im 
				Taxi Richtung Tempelhofer Feld. In der südöstlichen Ecke des 
				ehemaligen Hauptstadtflughafens befindet sich mit dem 
				Werner-Seelenbinder-Sportpark die Heimat des SV Tasmania Berlin. 
				Der in den 70er Jahren gegründete Nachfolger des schlechtesten 
				Vereins der Bundesligageschichte kickt nach einem kurzen 
				Intermezzo in der Regionalliga in dieser Spielzeit wieder in der 
				Oberliga Nordost-Nord. Während die eigene sportliche Entwicklung 
				in den letzten Jahren höchstens regionale Schlagzeilen 
				produzierte, schaffte es der Absturz eines anderen Clubs, die 
				spektakuläre Geschichte rund um den „ewig Letzten“ wieder in den 
				Fokus der Öffentlichkeit zur rücken. Niemand geringeres als der 
				FC Schalke 04 machte sich mit seiner katastrophalen 
				Abstiegssaison 2020/21 daran, den Tasmanen die Negativ-Rekorde 
				streitig zu machen. So verpassten die Knappen einige Bestmarken 
				nur knapp und die Berliner bleiben unter anderem das Team mit 
				der schlechtesten Saisonbilanz und der längsten Serie ohne Sieg 
				(beide Saison 1965/66). Eine außerordentlich schlechte 
				Vergangenheit ist immerhin besser als gar keine Geschichte. So 
				zieht der Name „Tasmania“ noch immer einige Schaulustige an. 
				Darunter waren beim Saisonauftakt gegen den RSV Eintracht aus 
				Stahnsdorf auch überraschend viele Hopper. Tommy und ich probierten den Grund für den 
				Hopperfasching zu erörtern und hatten verschiedene Thesen. Die 
				uns am wahrscheinlichsten erscheinenden waren das 
				Broilers-Konzert am gleichen Abend oder der eigentlich geplante 
				Besuch des natürlich ausverkauften und zeitgleich stattfindenden 
				Berliner Derbys. Wie auch immer, 250 Zuschauer bevölkerten in 
				der prallen Nachmittagssonne die beiden Ränge des schmucken 
				Grounds. Diese spendeten aufgrund des fehlenden Dachs keinen 
				Schatten und erstreckten sich mit einer Mischung aus Steh- und 
				Sitzplätzen über die gesamte Länge der jeweiligen Seitenlinien. 
				Mittlerweile schmeckte mir das Bier auch wieder und so waren wir 
				bereit, uns dem Geschehen auf dem Platz zuzuwenden. Apropos 
				Bier. Mit tatkräftiger Unterstützung des Gastes konnte 
				Neil-Nigel Bier in der 26. Spielminute das 1:0 für die Tasmania 
				erzielen. Der regionalligaerfahrene Stürmer mit dem 
				Weltklasse-Namen erlief eine zu kurze Kopfballrückgabe und 
				verwertete diese ohne große Probleme zum Führungstreffer. 
				Scheinbar war heute der Tag der schlechten Rückpässe (siehe 
				Spielbericht Blau-Weiß 90). 
				
				In der Halbzeitpause spielten sich dann zwischen dem Grill und 
				der Bar tumultartige Szenen ab. Die Organisation des Caterings 
				ließ einen mit einigen Fragen zurück, wie man hier in der 
				vergangenen Spielzeit die Regionalligapartien abwickeln konnte. 
				Ein Mix aus wenigen zapfenden Händen, einem abenteuerlichen 
				Wertmarkensystem und zu spät aufs Rost gepackten Würsten 
				brachten die Verpflegungssituation an den Rand des 
				Zusammenbruchs. Immerhin erwischten wir vor Wiederanpfiff Wurst 
				und Bier (das Getränk, nicht den Spieler) und sahen eine 
				unterhaltsame zweite Hälfte. Nach etwas mehr als zehn Minuten 
				konnte die Tasmania die Führung ausbauen ließ die Zügel in der 
				Folgezeit ein wenig schleifen. Auch die Konzentration litt nun 
				und auch der RSV durfte in Person von Alexander Möhl von einer 
				missglückten Rückgabe profitieren (71.). Mit nun wieder größerem 
				Einsatz und etwas Glück retteten die Hausherren das 2:1 über die 
				Zeit und behielten die drei Punkte in Neukölln. Mit dem Abpfiff 
				verabschiedete ich Tommy und saß eine Stunde später im ICE 
				zurück gen Duisburg. Am nächsten Tag ging es schließlich für den 
				S04 in die neue Bundesliga-Saison. |