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Am Sonntagmorgen befand ich mich noch immer
in der niedersächsischen Landeshauptstadt, wo ich am Vormittag
selbst kickte, zur Mittagszeit in Burgdorf-Ramlingen einen
Ground in der Niedersachsenliga kreuzen konnte und mir am Abend
auf der Abendveranstaltung des Sportfestes ein, zwei Bier
gönnte. Nach einem ausgiebigen Frühstück im Hotel sollte meine
kleine Tour durch den Norden des Landes fortgesetzt werden.
Bereits um 11 Uhr stand die erste Partie des Tages auf meiner
Liste. Zu dieser doch eher ungewöhnlichen Zeit sollte in
Bremerhaven zwischen dem ESC Geestemünde und Vatan Sport der
Ball rollen. Ab Hannover zeigte mir das Navi zwei Stunden Fahrt
an und lenkte mich auf der Strecke zwischen Bremen und
Bremerhaven über einen der wenigen Autobahnabschnitte der
Republik, den ich zuvor noch nicht befahren hatte.
Dementsprechend war auch die Stadt Bremerhaven für mich Neuland.
Zeit zum Sightseeing hatte ich jedoch nicht. Stattdessen enterte
ich die Bezirkssportanlage Bürgerpark recht zeitig und machte
mich mit der heutigen Spielstätte vertraut. Auf einer der
Längsseiten des sonst faden Kunstrasenplatzes präsentierte sich
mir ein staatlicher Ausbau. Zwischen zwei Wällen mit Stehplätzen
und Wellenbrechern, hatte der Ground auch eine überdachte
Sitzplatztribüne zu bieten.
Der ESCG ist ein klassischer Fusionsverein,
der durch den Zusammenschluss einiger lokaler Clubs
schlagkräftig genug wurde, um in der Bremen-Liga eine gute Rolle
zu spielen. So war die heutige Partie zurecht als Topspiel des
Spieltages deklariert, da man im Dunstkreis der Spitzengruppe
gegen einen direkten Tabellennachbarn antrat. Die Oberliga der
Freien Hansestadt Bremen, in der immerhin 4 der 16 Starter in
Bremerhaven angesiedelt sind, ist wohl die schwächste
fünftklassige Liga des Landes. Das merkt man nicht nur an den
vielen Misserfolgen in der Aufstiegsrunde zur Regionalliga,
sondern auch am Zuschauerzuspruch und nicht zuletzt auch an der
körperlichen Konstitution der Spieler. Heute hatten
interessanterweise nicht nur einige Kicker eine Figur, die nur
mit viel Wohlwollen als „sportlich“ bezeichnet werden konnte,
auch die beiden Linienrichter präsentierten ihre kegelförmigen
Oberkörper voller Stolz. Trotzdem oder auch gerade deswegen
wurde ich Zeuge einer abwechslungsreichen, ja fast absurden
Partie.
Diese benötigte denkbar wenig Anlaufzeit.
Ein Ballverlust der Gäste am eigenen Strafraum ermöglichte dem
ESC bereits in der zweiten Minute in Führung zu gehen. Keine
zehn Minuten später grätschte Vatans Keeper den Ball direkt vor
die Füße des Gegners, der gekonnt auf 2:0 erhöhte. Als der
ebenfalls übergewichtige Schlussmann wenig später etwas
übereifrig seinen Strafraum verließ und den Stürmer der Gäste
abräumte, zückte der Referee in Windeseile die Rote Karte. Für
mich und alle Beteiligten schien die Messe gelesen. In meinem
Kopf klingelte bereits der nervige Torjingle des ESC („Super
Deutschland alez“) in Dauerschleife. Stattdessen präsentierte
sich der Gast nun geordneter und konnte kurz der vor der Pause
in Unterzahl den Anschlusstreffer markieren (44.). 15 Minuten
nach dem Wiederpfiff leisteten sich auch die Hausherren eine
Notbremse und so ging es mit Zehn-gegen-zehn weiter. Vatan hatte
nun sichtbar Oberwasser und drehte zwischen der 77. und 82.
Minute mit fünf blitzsauber und blitzschnell vorgeführten
Angriffen die bereits verloren geglaubte Partie. Mit dem
Schlusspfiff ging es für mich zurück auf die Piste in Richtung
Elbe.
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