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War ich schon mal im hohen Norden, wollte
ich natürlich so viele Spiele wie möglich mitnehmen. Dank der
frühen Anstoßzeit in Bremerhaven war das zum Glück problemlos
möglich. Um 15 Uhr sollte das Spiel zwischen Drochtersen/Assel
und Phönix Lübeck angepfiffen werden und den 17. Spieltag der
Regionalliga Nord komplettieren. Zwischen dem Abpfiff beim ESC
und dem Startschuss der Partie beim SV D/A lagen zwei Stunden
Zeit und eine gute Stunde Fahrt für mich. Alles entspannt also
und so tuckelte ich über die Dörfer im Städtedreieck
Bremerhaven, Cuxhaven und Stade. Zielort war die
10.000-Einwohner Gemeinde Drochtersen im Kehdinger Land.
Aushängeschild der kleinen Stadt ist der mittlerweile auch
überregional
bekannte Fusionsverein SV Drochtersen/Assel, der seit 2015 in
der Regionalliga Nord mitmischt. Die Jungs vom platten Land
westlich der Elbe sind alles andere als eine graue Maus und
erreichen regelmäßige gute einstellige Tabellenplätze und können
bereits drei DFB-Pokalteilnahmen verbuchen. Die Losfeen meinten
es jeweils gut mit den Rot-Blauen und so gastierten mit Gladbach
(0:1), Bayern (0:1) und Schalke (0:5) ausnahmslos absolute
Topklubs im Kehdinger Stadion. Auch wenn man selbst torlos
blieb, sind die Ergebnisse meiner Meinung nach absolut
respektabel.
Für die besagten Partien musste das Stadion
mit temporären Tribünen ausgestattet und die Kapazität somit auf
bis zu 8.000 Plätze aufgestockt werden. Im normalen Ligabetrieb
reicht die Sportstätte mit Laufbahn, Sitztribüne und
gegenüberliegendem teilweise überdachtem Stehplätzen für den
Spielbetrieb aus. Beim heutigen Heimspiel gegen Phönix Lübeck
hatte jeder der 600 Schaulustigen genug Platz und auch der
Gästeblock musste nicht geöffnet werden. Ich mischte mich mit
einer Bratwurst bewaffnet so unauffällig wie möglich unter das
trinkende und klöhnende Publikum am Spielfeldrand. Neben dem
bereits laufenden Spiel des HSV war auch die Durststrecke des SV
D/A ein Thema. In den letzten fünf Spielen blieb man sieglos und
wollte heute gegen den Gast aus Lübeck dreifach punkten, um den
Anschluss an die Spitzengruppe nicht zu verlieren. Phönix hätte
indes mit einem Sieg an den Hausherren vorbeiziehen können. Hier
sah es jedoch schon ganz früh danach aus, als würden dem
Feuervogel heute die Flügel gestutzt werden.
Keine halbe Minute war das Spiel alt, als
Drochtersens Sobotta einen Schritt schneller war als sein
Gegenspieler und das Spiel mit einem Knall und dem 1:0
eröffnete. Phönix wurde ebenso kalt erwischt wie ein Großteil
der Zuschauer, die noch ins Gespräch oder ihr Smartphone
vertieft waren. Spätestens jetzt war jeder wach. Mit Ausnahme
der Lücker Elf. Diese bekam im kompletten ersten Durchgang
keinen Zugriff und hatte großes Glück, dass der Rückstand zur
Pause lediglich das eine frühe Tor betrug. Während die
Hausherren bis zum Pausenpfiff erfolglos Angriff um Angriff
abspulten, lauschte ich mit einem Ort den Kleinstadt-Gesprächen
und war nun auch in Sachen Klatsch und Tratsch in Kehdingen voll
auf der Höhe. Mit Wiederanpfiff bot sich mir ein anderes Bild.
Phönix nahm nach den drei Wechseln zur Pause das Heft in die
Hand und glich in der 58. Minute aus. Vor allem die Gäste ließen
in der Folge etliche Chancen liegen und wurden in den
Schlussminuten für die naive Verteidigung eines Eckballs
bestraft, als Parduhn den Ball für D/A humorlos ins Netz drosch
und für großen Jubel sorgte. Die emotionale Reaktion auf den
Treffer zeigte mir, dass nicht nur ich mich bereits auf ein
ernüchterndes Remis eingestellt hatte.
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