Nach dem Besuch der Vorrunden-Partie
zwischen der Slowakei und der Ukraine, hatte ich die EM für mich
bereits abgehakt. Ich war dabei und hab ein spannendes Spiel
gesehen. Zu meiner Überraschung, erreichten die Preise für die
K.O.-Runde nicht die erwarteten Sphären jenseits von Gut und
Böse. Ganz im Gegenteil - die Tickets für die Achtelfinal-Partie
zwischen England und der Slowakei Auf Schalke gingen auf dem
Zweitmarkt so günstig über den digitalen Ladentisch wie bei
keiner anderen Begegnung des Turniers. Nun hatte ich an diesem
Sonntag jedoch Verpflichtungen, die einen Besuch der
18-Uhr-Partie unmöglich machten. Die Ansetzung drei Stunden
später in Köln war indes machbar. Am Morgen des Spieltags
sackten kurzzeitig auch die Preise für die Begegnung zwischen
Spanien und Georgien in den Keller. Ich nutzte den temporären
Preissturz und sicherte mir eine Karte für die Kategorie 2, die
sogar unter dem originalen Kaufpreis notierte und laut
Ticket-Stammblatt aus dem Kontingent eines chinesischen Sponsors
stammte. Auch wenn ich lieber dem Auftritt der englischen
Mannschaft und derer Fans in meinem Wohnzimmer beigewohnt hätte,
versprühte auch das Duell zwischen Spanien und Georgien seinen
Reiz.
In Köln angekommen parkte ich wie
gewöhnlich westlich der A1 und näherte mich auf meinem
30-minütigen Fußweg zielstrebig dem Müngersdorfer Stadion. Vor
dem Südeingang des Stadions erblickte ich bereits eine große
Ansammlung spanischer Fans. Diese warteten vorfreudig auf das
Eintreffen des Mannschaftsbuses, der wenig später in die
Einfahrt abbog. Ich befand mich zu diesem Zeitpunkt schon auf
den Treppen zu meinem Block am südlichen Rand der Westtribüne.
Mein Sitzplatz befand sich in der sechsten Reihe des Oberrangs
leicht versetzt hinter der Torauslinie. Ob das meiner
Erwartungshaltung eines Kategorie 2-Sitzes für 175 Euro
Originalpreis gerecht wurde? Eher nicht. Immerhin blieben die
beiden Sitzplätze links und rechts neben mir leer. Um mich herum
war das Publikum bunt gemischt. Erwartungsgemäß sah ich
chinesische Gäste des Sponsors, Touris und Anhänger beider
beteiligter Teams. Offiziell gehörte mein Ende des Stadions den
spanischen Anhängern. Die Stimmung während der Partie war etwas
leidenschaftlicher als beim von mir besuchten Vorrundenduell.
Trotz der räumlichen Distanz nahm ich die Fans der Georgier als
lauter wahr.
Die Paarung selbst war ein klassischer
Kampf zwischen David und Goliath. Das kleine und fußballerisch
wenig erschlossene Georgien traf auf den bisher
verlustpunktfreien Turnier-Favoriten Spanien. Obwohl ich zuvor
nur 90 Minuten EM-Fußball sah, glaube ich hier und jetzt eines
der besten Spiele des Turniers gesehen zu haben. Nach der
überraschenden Führung der Georgier erzielte Spanien vor der
Pause den mehr als verdienten Ausgleich. Trotz der für jedermann
ersichtlichen Überlegenheit der „La Furia Roja“, brannte es bei
jedem Konter der Georgier in Spaniens Defensive lichterloh. Auch
die frechen Abschlüsse des Underdogs aus der Ferne schickten das
ein oder anderen nervöse Raunen durchs Stadion. Den Fans des
kommenden Viertelfinalgegners Deutschland konnte diese
Beobachtung sicherlich Mut machen. In der Offensive waren die
Spanier jedoch gnadenlos ballsicher und dominant. Am Ende gewann
der Favorit auch in der Höhe verdient mit 4:1 und ließ in der
Schlussphase etliche gute Chancen fahrlässig liegen. Für
Georgiens aufopferungsvoll kämpfende Elf war die spanische
Nationalmannschaft erwartungsgemäß eine Nummer zu groß. Trotzdem
blieb das Gefühl, dass heute mit dem Quäntchen Glück ein Wunder
möglich gewesen wäre.
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