SPIEL #598
Bayer 04 Leverkusen vs. ZSKA Moskau 2:2 (2:2) |
||
Website | Website | |
14.09.2016 - Ulrich-Haberland-Stadion, Leverkusen | ||
23.459 Zuschauer | ||
Champions League - 1. Spieltag, Gruppenphase 2016/2017 | ||
Tore: 1 : 0 Admir Mehmedi (9.) 2 : 0 Hakan Calhanoglu (15.) 2 : 1 Alan Dzagoev (36.) 2 : 2 Roman Eremenko (38.) |
||
Zum Auftakt der Champions League-Spielzeit 2016/17
besuchte ich das erste Heimspiel von Bayer Leverkusen. Der Dauergast in
der Königsklasse erwischte mit Tottenham, ZSKA Moskau und dem AS Monaco
eine denkbar einfache Gruppe und profitierte dabei von der vor der
letzten Spielzeit beschlossenen Reform der Gruppenzusammensetzung. So
sind seit der vergangenen Saison der Titelverteidiger sowie die Meister
der sieben besten Ligen Europas als Gruppenköpfe gesetzt. Mit etwas
Glück erwischt man also den Meister der schwachen russischen
Premjer-Liga – in diesem Fall ZSKA Moskau. Das sportliche Traumlos
stellte sich für die Werkself jedoch nicht als Zuschauermagnet dar. Wie
so oft, wenn die Pillendreher zum Tanz bitten, war in den Zügen Richtung
Leverkusen Mitte keine wirkliche Spieltags-Stimmung zu vernehmen. Um
mich herum fanden sich vereinzelte Studenten im Bayer-Trikot ein, die
auch nicht so richtig wussten wie man sich als Fan der Werkself gibt. Da
fielen einem die zahlreichen Russen, ob im ZSKA-Dress oder neutral
gekleidet, schon eher auf. Ohne jegliche Aufregung im Bauch freute ich
mich dennoch auf die preisgünstige Möglichkeit mir ein Champions
League-Spiel anzusehen und hoffte auf einen guten Auftritt der Moskauer
im Gästeblock. Abermals wählte ich einen der Low-Budget-Plätze im
Block A4, in dem die ermäßigten Tickets für schlappe 24 Euro inkl. ÖPNV
angeboten wurden. Von hier hatte ich einen guten Blick auf den
Gästeblock, in dessen unterem Drittel sich einige ZSKA-Fans
versammelten. Auch im Stadion war das Verhältnis zwischen Bayer-04- und
ZSKA-Sympathisanten in meinem Umfeld mindestens ausgewogen. Wie ich den
„Zentralen Sportklub der Armee“ fußballerisch einschätzen sollte, wusste
ich nicht. Zusammenfassend kann man jedoch sagen, dass die Furcht vor
den russischen Vertretern im Europapokal in den letzten Jahren stark
nachgelassen hat. Vorbei sind die Zeiten, in denen die Bayern von Zenit
St. Petersburg mit 4:0 geputzt wurden. Am Tag vor der von mir besuchten
Partie schossen die Münchener den russischen Vizemeister FK Rostow aus
ihrer CL-Gruppe mit 5:0 böse ab. Auch die ersten Minuten in der BayArena
ließen für ZSKA die schlimmsten Befürchtungen zu. Angetrieben vom
aufgedrehten Julian Brandt zerpflückte der Bundesliga-Dritte der
Vorsaison die Moskauer Defensive. Es dauerte keine zehn Minuten bis
Mehmedi im Strafraum mustergültig bedient wurde, den Ball unter
Kontrolle brachte und zur Führung für die Leverkusener abschloss (9.).
Die Hausherren ließen den Gästen keine Luft zum Atmen und kombinierten
sich von Chance zu Chance. Dabei überspielte man des Öfteren die
Abwehrreihe der Russen und stand blank vor dem Tor. In der heißen Zone
war man jedoch viel zu fahrlässig und/oder verspielt und konnte nur noch
das 2:0 erzielen (Calhanoglu, 15.). Der Qualitätsunterschied zwischen
den Rheinländern und dem russischen Meister war erschreckend. Nach einer
halben Stunde sah es also nach einem Spaziergang für den Bundesligisten
aus. Wer jedoch zwischen der 35. Und 40. Minuten auf
Toilette oder Bier holen war, konnte wohl bei seiner Rückkehr den
eigenen Augen nicht trauen. Die Anzeigetafel zeigte plötzlich ein 2:2
an. Das war kein technischer Fehler und so ganz glauben konnten es die
Russen neben mir auch nicht. Aus dem Nichts tauchten die zuvor
überforderten und zugleich harmlosen Moskauer vor dem Tor von Bernd Leno
auf und vollstreckten eiskalt. Trotzdem hielt man die beiden Tore der
Gäste weiterhin nur für einen Betriebsunfall. Die Hausherren blieben im
Spielverlauf überlegen und gefährlich. Derweil witterten die Kanten im
Gästeblock ihre Chance und peitschten den Underdog oberkörperfrei nach
vorne. Das erinnerte stark an eine polnische Kurve und wusste
logischerweise besser zu gefallen als das kopierte Sing-Sang der
Pillendreher. Selbst beim „Steht auf, wenn ihr…“ zögerte der gemeine
Rheinländer und wollte trotz Bayer-Trikot nicht als einziger aufstehen
um komisch beäugt werden. Leidenschaft sieht anders aus und wird wohl
nicht unterm Bayer-Kreuz gefunden. Nach der vergebenen Chance auf den
eigentlich obligatorischen Auftaktsieg waren die Heimfans bitter
enttäuscht. Zu Recht, zu überlegen waren die Hausherren und zu harmlos
die Russen, sodass das 2:2 nach Ungerechtigkeit schrie. Den
ausgefallenen Zug auf der Rückfahrt und die Odyssee mit der S-Bahn, die
mir vor dem Flug nach Nizza wertvolle Stunden Schlaf klaute, probiere
ich hier auszublenden. |
||
< Spiel zurück | Spiele 2016 | Spiel vor > |