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FUSSBALLERISCHES BRACHLAND

In Deutschland gibt es nach offiziellen Zählungen 79 Großstädte. 79 Städte mit über 100.000 Einwohnern von Aachen bis Dresden und von Kiel bis Freiburg. In je einer ersten, zweiten und dritten Liga, fünf Regionalligen sowie zahlreichen Oberligen sollte im (semi-)professionellen Fußball genug Platz für Clubs aus diesen Städten sein. Trotzdem schaffen es die Vereine aus einigen Großstädten nicht, einen Oberligisten oder besser zu stellen. In einer kleinen, hoffentlich regelmäßig erscheinenden Serie, werde ich probieren diese Städte fußballerisch und auch neben dem Platz zu potraitieren. Städte die oftmals größer sind als Sinsheim, Wolfsburg oder Ingolstadt.

Kapitel 1 SZ - Kapitel 2 MO - Kapitel 3 RS - Kapitel 4 RE - Kapitel 5 BOT - Kapitel 6 HN (bis HN Stand '17)
Kapitel 7 NE - Kapitel 8 HD (NE & HD '18) - Kapitel 9 SG - Kapitel 10 MH (SG & MH '20)

Moers

Einwohner
104.529
Bundesland
Nordrhein-Westfalen
Nächster Proficlub
MSV Duisburg (10 km)
3. Liga
Bester Verein
SV Schwafheim
Landesliga Gruppe 2 (6. Liga)
Größtes Stadion
Rheinpreußenstadion
23.000 Plätze
Sohn der Stadt
Stefan Paßlack *1970
(Borussia Mönchengladbach)

Moers gilt als „Drehscheibe am Niederrhein“. Was irgendwie nach großer, weiter Welt klingt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung dann doch als Mogelpackung. Die Stadt liegt am äußeren westlichen Rand des Ruhrgebiets und am unteren Niederrhein. Trotz der stattlichen Größe ist Moers keine kreisfreie Stadt und zugleich ebenso nicht Sitz des Kreises Wesel. Während auf der rechten Rheinseite die Nachbarstadt Duisburg für Kohle, Schimanski und „No-Go-Areas“ berühmt war oder ist, ist die Welt in Moers noch in Ordnung. In der Literatur wird die Stadt nicht selten als ruhig, erholsam oder gar idyllisch dargestellt. Ein Eindruck, den ich nach meinen wenigen beruflichen Ausflügen in das Stadtgebiet durchaus teile.

Bei meinen „Recherchen“ stieß ich auf die Firma Onken und kann nun zumindest eine Kindheitserinnerung mit Moers verknüpfen. Die nun zum Schweizer Emmi-Konzern gehörende Marke aus Moers produzierte früher die legendären Frufoos. Das Produkt wird lapidar als „Erdbeerquark im UFO-Becher mit Spielzeug in der Mitte“ beschrieben und machte uns 90er-Kids damals mit seinem viel zu hohen Zuckeranteil glücklich. Auf der Verpackung prangten die Schriftzüge „100g Kinderquark“ (Was zum Teufel ist „Kinderquark“?) oder „Und innen: KinderSpaß.“ Im Nachhinein muss ich mich wahrscheinlich bei meiner Mutter bedanken, dass ich nicht alle Ufo-Becher bekam, nach denen ich damals gierte. Frufoos gibt es seit 13 Jahren nicht mehr. Da stellt sich für mich die Frage: Was kannst du noch Moers? 

Moers kann Landesliga! Das klingt nicht so spektakulär und ist trotzdem ein großer Erfolg für den SV Schwafheim (Motto: „Meine Liebe, mein Dorf, mein Verein“), die einzige sechstklassige Mannschaft aus Moers. In den letzten Jahren konnte der Ortsteil-Klub aus dem Moerser Südosten unter dem scheidenden Trainer Schikofsky zwei Aufstiege feiern. Somit ist der SV Schwafheim kein Kreisligist mehr sondern ein etablierter Landesligist. Aus Zeitgründen legt der Erfolgstrainer sein Amt im Sommer nieder und gibt die Entwicklung der Truppe in die Hände eines selbstgewählten Nachfolgers. Derzeit steht der SV Schwafheim neben „Unity Magic“ (Tanzen), GSC Moers (Eishockey) und dem FC Moers (Fechten) zur Wahl der Moerser Mannschaft des Jahres. Der frühere Oberligist MSV Moers entwickelt sich indes in die andere Richtung und spielt heute nur noch in der Kreisklasse. Als Heimspielstätte dient dem MSV jedoch weiterhin das Rheinpreußenstadion. Eine wundervolle Oldschool-Schüssel, die offiziell 23.000 Zuschauer fasst.

Der berühmteste Sportler der Stadt jagt indes keinem Ball hinterher. Christian Ehrhoff spielte 13 Jahre in der NHL, der stärksten Eishockey-Liga der Welt, ehe er 2016 mit mittlerweile 36 Jahren nach Deutschland zurückkehrte (Kölner Haie). Bevor Moers sportlich wieder eher negative Akzente setzt, halten wir kurz inne und würdigen das internationale Erbe Ehrhoffs. Der wohl einzige große Fußballer aus Moers ist Stephan Paßlack. Der Außenverteidiger hatte seine Blütezeit um die Jahrtausendwende, einer Phase, in der ich den Fußball aufsog und mit jeder Faser lebte. Dankd es Kicker-Sonderheftes kannte ich natürlich alle Spieler und Trainer der Bundesliga, ebenso wie Ausrüster, Trikotsponsoren und Maskottchen der Vereine. Somit ist mir also auch Stefan Paßlack ein Begriff. Durch große Erfolge hat er sich jedoch nicht ins Gedächtnis der Fußballfans gebrannt. Stattdessen stieg er zwischen 1991 und 2003 mit Uerdingen, Gladbach und Nürnberg stolze fünf Mal aus der Bundesliga ab. Rekordverdächtig. In einem Interview nach seinen Tipps gefragt, befand Paßlack recht treffend, er sei kein guter Ratgeber für abstiegsbedrohte Teams. 

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