In Deutschland gibt es nach offiziellen Zählungen 79 Großstädte. 79
Städte mit über 100.000 Einwohnern von Aachen bis Dresden und von Kiel
bis Freiburg. In je einer ersten, zweiten und dritten Liga, fünf
Regionalligen sowie zahlreichen Oberligen sollte im
(semi-)professionellen Fußball genug Platz für Clubs aus diesen Städten
sein. Trotzdem schaffen es die Vereine aus einigen Großstädten nicht,
einen Oberligisten oder besser zu stellen. In einer kleinen, hoffentlich
regelmäßig erscheinenden Serie, werde
ich probieren diese Städte fußballerisch und auch neben dem Platz zu potraitieren. Städte die
oftmals größer sind als Sinsheim, Wolfsburg oder Ingolstadt.
Kapitel 1 SZ - Kapitel 2 MO -
Kapitel 3 RS -
Kapitel 4 RE -
Kapitel 5 BOT -
Kapitel 6 HN (bis HN Stand '17)
Kapitel 7 NE -
Kapitel 8 HD (NE & HD '18) -
Kapitel 9 SG -
Kapitel 10 MH (SG & MH '20)
Salzgitter
Einwohner
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101.079
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Bundesland
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Niedersachsen
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Nächster Proficlub
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Eintracht Braunschweig (18 km) 2.
Bundesliga
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Bester Verein
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KSV Vahdet Salzgitter Landesliga Braunschweig (6. Liga)
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Größtes Stadion
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Stadion am Salzgittersee 5.100 Plätze |
Sohn der Stadt
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Wolfgang Dremmler *1954 (FC Bayern
München) |
Ich behaupte, dass ich mich geografisch in
Deutschland und Europa gut auskenne. Schon in der Schule
hatte ich ein Faible für Erdkunde und sahnte vor allem
in Topografie-Tests regelmäßig ab. Mit meiner
Leidenschaft fürs Groundhopping vergrößerte sich mein
Wissen und meine Erfahrungen diesbezüglich auf ein Maß,
das mich selbst oft überrascht. Als ich mich entschied,
über zwölf deutsche Großstädte ohne erfolgreichen
Fußballclub zu schreiben, musste ich jedoch vor allem
bei Salzgitter überlegen. Zu welchem „Sachsen“ gehört
die Industriestadt genau. Google machte mich klüger.
Salzgitter gehört zur Metropolregion
Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg. Genau hier
liegt der Hund begraben. Während sich in der
Nachbarschaft mehrere etablierte Proficlubs tummeln, ist
die kleinste deutsche Großstadt eine fußballerische Area
51.
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Bundesweit bekannt ist
Salzgitter durch die gleichnamige Salzgitter AG. Der
Stahlkonzern beschäftigt weltweit 25.000 Mitarbeiter und
zählt zu den ältesten Aktiengesellschaften Deutschlands.
Auch der niedersächsische Big-Player VW produziert in
Salzgitter, das über einen Stichkanal mit dem
Mittellandkanal und somit mit Wolfsburg verbunden ist.
Mir bekannte Sehenswürdigkeiten bietet die Stadt indes
nicht. Eines der bekanntesten Wahrzeichen ist die 1995
errichtete Skulptur „Turm der Arbeit“. Anhand dieser
laienhaft gewonnenen Informationen schätze ich die
touristische Attraktivität Salzgitters irgendwo zwischen
Wolfsburg und Marl ein. Die Wirtschaft spielte auch bei
der Gründung der Stadt eine große Rolle. 1942 entschied
man sich die uns heute als Salzgitter bekannte Stadt im
Rahmen einer Gebietsreform als kreisfreie Stadt zu
gründen. Die meisten großen Fußballvereine der Republik
wurden viele Jahrzehnte zuvor gegründet.
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Es ist fast erschreckend, wie wenig man im Internet
über den Fußballsport in Salzgitter erfährt.
Überraschenderweise liegt dies nicht wie in vielen
Städten an der Konkurrenz aus anderen, erfolgreicheren
(Rand-)Sportarten, die in der Stadt entsprechend
gefördert werden. Einen ehemaligen Bundesligisten im
Sportkegeln kann man wohl nicht als ernsthafte
Konkurrenz für den beliebtesten Mannschaftssport der
Welt sehen. Mit dem TSV Salzgitter (Mutterverein der
erfolgreichen Kegler) und Union Salzgitter tauchen
zumindest zwei Vereinsnamen im Bezug auf den Fußball
öfter auf. Beide Vereine messen sich im sportlichen
Niemandsland mit Teams aus böhmischen Dörfern. Etwas
erfolgreicher ist der Landesligist KSV Vahdet. Der
Sechsligist - mit vermutlich türkischen Wurzeln - fiel
in der Vergangenheit jedoch lediglich durch Tumulte beim
letztjährigen Aufstiegsduell mit dem Stadtrivalen Union
auf. Vahdet-Anhänger attackierten gegnerische Spieler
und Fans und sorgten für einen Spielabbruch. Vahdet
stieg im Anschluss auf und spielt nun eine Liga über
Union. Kleine verrückte Fußballwelt in Salzgitter.
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Zumindest der berühmteste
kickende Sohn der Stadt ist vielen Fußballfans ein
Begriff. Über seinen Jugendverein Union Salzgitter und
Eintracht Braunschweig führte die Karriere des 1954 in
Salzgitter geborenen Mittelfeldakteurs Wolfgang Dremmler
zum großen FC Bayern und in die Nationalelf. Hier kickte
Dremmler in den 80er-Jahren meist solide und unauffällig
neben Breitner, Augenthaler oder den Rummenigges. Am
Ende seiner Karriere konnte Dremmler auf vier deutsche
Meisterschaften, drei DFB-Pokalsiege und 27
A-Länderspiele zurückblicken. 1982 reichte es in Spanien
gar zur Vizeweltmeisterschaft. Nach der aktiven Laufbahn
kehrte der Rechtsfuß nicht nach Salzgitter zurück (wer
will es ihm verdenken) und fand seine neue Heimat im
Süden. Aktuell arbeitet Dremmler als Leiter der
Nachwuchsabteilung beim FCB. Somit arbeitet der
berühmteste Kicker der Stadt an der Zukunft des großen
FC Bayern. Chancen für eine große Zukunft im Fußball,
kann ich in Salzgitter indes nicht erkennen. |
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